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Politik

Machtwechsel im Irak

Kommentarbild PROVISORISCH | Rainer Hermann, FAZ & Klett-Cotta
Rainer Hermann
19. Mai 2018

Wieder einmal zeigt sich: Wahlboykott ist unklug. Wer im Irak für den Wahlsieger Muktada al-Sadr gestimmt hat, tat dies mit einer ganz klaren Erwartung, meint Rainer Hermann von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Irak Parlamentswahlen Plakat von Muqtada al-Sadr bei Feier auf dem Tahrir-Platz
Anhänger von Muktada al-Sadr feierten in Bagdad den WahlsiegBild: picture alliance/AP/H. Mizban

Auch wenn das Ergebnis der Parlamentswahl am vergangenen Samstag anders ausgefallen ist, als es sich der Westen erhofft hatte: Für den Irak bietet es dennoch Chancen. Denn bei der ersten Wahl seit dem Sieg über den sogenannten "Islamischen Staat" und seit der Rückeroberung von Mossul war nicht mehr die Sicherheit das alles beherrschende Thema, sondern die grassierende Korruption.

Verhängnisvoller Boykott?

15 Jahre nach dem Sturz von Saddam Hussein zählt der Irak zu den korruptesten Ländern überhaupt. Die Öleinnahmen schlagen sich nicht in einem funktionierenden Staat mit funktionierenden Dienstleistungen nieder. Vielmehr ist der irakische Staat zu einem Selbstbedienungsladen einer sich hemmungslos bereichernden Politikerklasse verkommen.

Autor Rainer Hermann
Rainer Hermann ist Redakteur der Frankfurter Allgemeinen ZeitungBild: picture-alliance/dpa

Aktivisten hatten daher zu einem Wahlboykott aufgerufen, den viele, vor allem in Bagdad und in der Mittelschicht, befolgt haben. Die Wahlbeteiligung lag daher bei nur noch 45 Prozent, 2014 waren noch 60 Prozent zur Wahl gegangen. Dem Boykottaufruf nicht gefolgt waren jedoch die Anhänger des Wahlsiegers, des schiitischen Predigers Muktada al-Sadr, die sich vor allem aus der verarmten Unterschicht rekrutieren. Sadr hatte den Krieg gegen die Korruption und das Ausmisten des Augiasstalls im irakischen Staat zum wichtigsten Thema seines Wahlkampfs gemacht. Nun muss der Prediger liefern und den Korruptionssumpf austrocknen. Das trauen ihm offenbar viele zu.

Das Nachsehen hatte die Liste des bisherigen Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi, dem zugutegehalten wird, dass er in enger Abstimmung mit den Vereinigten Staaten den Kampf gegen den "Islamischen Staat" effizient geleitet hatte. Zudem hatte er sich das Vertrauen der sunnitischen Minderheit erworben, die unter seinem Vorgänger Nuri al-Maliki marginalisiert worden war. Abadi hat den Irak damit zusätzlich stabilisiert.

Auch hier: Saudi-Arabien versus Iran

Beide Wahlsieger vom 12. Mai, Sadr und Hadi al-Ameri, stehen für einen stark vom schiitischen Islam geprägten Irak. Der irakische Nationalist Sadr, der 2003 den Widerstand gegen die amerikanischen Besatzer angeführt hatte, will den Irak wieder fest in der arabischen Welt verankern und hat dazu Saudi-Arabien besucht, das sich lange aus dem Irak zurückgezogen hatte. Ameri jedoch ist Irans Mann in Bagdad. Er kommandiert die mächtigen schiitischen Milizen des Landes, die von Iran ausgebildet und finanziert werden. Um ihm den Rücken zu stärken, reiste der Kommandeur der iranischen Eliteeinheit der Quds-Brigaden, Qassem Soleimani, noch am Wahltag nach Bagdad. Offenbar will er Sadr in eine Koalition mit Ameri zwingen, was Sadr jedoch entschieden ablehnt. Der Irak wird damit ein weiterer Ort der Auseinandersetzung zwischen Saudi-Arabien und Iran.

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