Gambia: Signalwirkung für Afrika?
23. Januar 2017Immer wieder gehen bei Reyhana Masters aus Simbabwe in diesen Tagen WhatsApp-Nachrichten zu Gambia ein. Auch auf Twitter diskutieren die Simbabwer: "Was wäre, wenn…" Viele von ihnen schauen jetzt bisschen neidisch nach Gambia, wo Langzeitpräsident Yahya Jammeh gerade den Weg für einen Machtwechsel freigemacht hat.
Seit fast 30 Jahren ist Robert Mugabe in Simbabwe an der Macht - 2018 stehen die nächsten Präsidentschaftswahlen an. Gibt Gambia Grund zur Hoffnung auf einen Wandel? "Viele Bürger diskutieren das jetzt. Und sie alle haben den Traum, dass auch in Simbabwe harte Maßnahmen ergriffen werden, wenn die Wahl unfair ist", sagt die Medienberaterin Masters.
Besondere Bedingungen für ECOWAS-Einsatz
Harte Maßnahmen - die hatte die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS in Gambia ergriffen, um Jammeh aus dem Amt zu treiben. Bei der Präsidentschaftswahl Anfang Dezember hatte sein Herausforderer Adama Barrow unerwartet rund 50.000 Stimmen mehr als Jammeh erhalten. Jammeh klammerte sich weiter an die Macht, bis die ECOWAS-Truppen ins Land einmarschierten. Nach langen Verhandlungen gab Jammeh in der Nacht zum Samstag schließlich auf und ging ins Exil. Jetzt ist der Weg an die Macht für seinen Nachfolger Barrow frei.
Droht anderen autokratischen Machthabern ein ähnliches Schicksal? "Ich glaube nicht, dass viele Machthaber nervös nach Gambia gucken", sagt Christof Hartmann, der an der Universität Duisburg-Essen zur ECOWAS forscht. Die Rahmenbedingungen, unter denen die Intervention stattgefunden habe, seien nicht ohne Weiteres auf andere Länder übertragbar. So sei die Intervention in Gambia unter anderem aufgrund der Größe des Landes unkompliziert gewesen: "Gambia ist ein kleiner Staat ohne eine bedeutsame Armee, die sich wehren würde."
Andere Rahmenbedingungen
"Wir brauchen die ECOWAS im südlichen Afrika", twitterte die simbabwische Anwältin Fadzayi Mahere diese Woche. Aber im südlichen Afrika ist die südafrikanische Staatengemeinschaft SADC zuständig und die hat im Fall Simbabwe bisher nichts erreicht. "Die Region hat Mugabe immer mit Samthandschuhen angefasst", sagt Reyhana Masters. So ist Mugabe selbst Vorsitzender der SADC und Präsident der Afrikanischen Union gewesen. Ein Vorgehen gegen den Diktator durch die SADC sei da sehr unwahrscheinlich.
Auch die Ostafrikanische Staatengemeinschaft EAC lässt Machthaber wie den burundischen Präsidenten Pierre Nkurunziza gewähren. Ihnen bleibe nichts anderes übrig, so Hartmann, denn die Rahmenbedingungen zwischen den regionalen Organisationen unterschieden sich massiv: Während die ECOWAS -Staaten militärisch eingreifen dürfen, wenn ein Machthaber undemokratisch handelt, hat die EAC kein formales Mandat, sich in die Innenpolitik ihrer Mitgliedsländer einzumischen.
Riege der Langzeitregierenden
Peter Penar von der Michigan State University sieht noch einen weiteren Grund für den Erfolg der ECOWAS: Westafrikas mächtigste Regierungschefs - Buhari in Nigeria, Akufo-Addo in Ghana, Sall im Senegal, Johnson Sirleaf in Liberia und Quattara in der Elfenbeinküste - sind selbst alle aus der Opposition zu Staatschefs gewählt worden: "Westafrika hat nun eine Koalition früherer Oppositionsführer. Ostafrika hat das nicht." Kagame in Ruanda, Museveni in Uganda und Nkurunziza in Burundi - sie alle seien seit vielen Jahren an der Macht, so Penar. "Es ist schwer einen Wandel auf regionaler Ebene zu sehen, wenn es keinen Wandel bei den Staatschefs gibt."
Auch Hartmann sieht diesen Wandel für Ostafrika auf absehbare Zeit nicht. Der Machtwechsel in Gambia sei trotzdem ein wichtiges Ereignis für den ganzen Kontinent, sagt er. "Das zeigt, dass die afrikanische Staatengemeinschaft ihr Bekenntnis zur Demokratie ernst nimmt und bereit ist, dafür weite Wege zu gehen."
Mitarbeit: Abu-Bakarr Jalloh