Spagat in Riad
8. März 2015Die Experten der deutschen Botschaft in Riad beschwichtigen die deutschen Journalisten an diesem Sonntag: Es sei nichts Außergewöhnliches, dass der Termin des deutschen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Königpalast noch wenige Stunden vor dem Termin nicht feststeht. Die ungeduldigen Pressemenschen brauchen diesen Termin unbedingt, wegen der Bilder. Aber erst heißt es: Jetzt ist es soweit, dann fährt der gesamte Tross der Deutschen doch noch mal ins Hotel, dann wieder zurück zum Königspalast - ein Geduldsspiel.
Ob es vielleicht am Fall des verurteilten Bloggers Raif Badawi liegt? Der Internet-Aktivist ist zu 1000 Stockhieben verurteilt, eine Strafe, die seinen sicheren Tod bedeutet. In Deutschland hat der Fall Empörung ausgelöst, auch in den USA und in Frankreich.
Kritik hinter verschlossenen Türen
Menschenrechtsgruppen in Deutschland haben vor der Reise Gabriels an den Golf verlangt, dass der SPD-Politiker in Riad nicht nur über Geschäfte redet, sondern das Schicksal Badawis offen anspricht. Das tut Gabriel, aber hinter verschlossenen Türen: "Wir werden deutlich machen, dass für uns die Härte der Strafe - auch gerade der Körperstrafe - etwas ist, was für uns unvorstellbar ist und natürlich auch die Beziehungen belastet", verspricht der Minister. Viel aber, da darf man sich keine Illusionen machen, wird Gabriel für Badawi nicht erreichen können.
Im Gegenteil: Die Zeitungen in Riad zitieren am Sonntag eine Erklärung des Außenministeriums in Saudi-Arabien, die sich auf Quellen im Königshaus beruft. Danach sein man verärgert ("The kingdom has expressed its dismay") darüber, dass sich das Ausland in die inneren Angelegenheiten des Landes einmische.
Deutsches Know-How gefragt
Besser laufen für Gabriel die Wirtschaftskontakte. Saudi-Arabien ist interessiert am deutschen Know-How bei Wind- und Sonnenenergien: "Wir haben über die Planungen gesprochen, die Saudi-Arabien bei den erneuerbaren Energien hat. Sie verbrauchen einfach sehr viel von ihrem Öl und Gas für ihre eigene Versorgung und wollen unabhängiger werden, natürlich um mehr und länger exportieren zu können. Und wir haben einfach in Deutschland viel Expertise dafür.“ Ein Problem aber sei, dass die Programme zur Förderung erneuerbarer Energien zwar erdacht und geplant, aber dann oft nicht umgesetzt würden, so Gabriel. Und die deutschen mittelständischen Unternehmen passten oft nicht zu den riesigen staatlichen Gesellschaften in Saudi-Arabien.
Und dann gibt es da noch die Rüstungsexporte: Gabriel will, im Einklang mit Kanzlerin Merkel, vorerst keine Waffen an Saudi-Arabien liefern, was die Saudis ebenfalls verärgert. Deshalb ist der Minister reichlich verschnupft, als ausgerechnet der mitreisende CSU-Politiker Peter Ramsauer die Haltung des Ministers in dieser Frage als zu ideologisch kritisiert - in Riad, während Gabriel mit den Saudis spricht. "Nicht sehr geschmackvoll", murmelt der SPD-Politiker. Und macht sich auf nach Abu Dhabi, der zweiten Station seiner Golfreise.