G7 - Friedlicher Gipfel, wenig Ergebnisse
26. August 2019Noch am Sonntag hatte es so ausgesehen, als könne dieser G7-Gipfel in einer Wolke aus schlechtem Willen, Uneinigkeit und verfehlter Kommunikation untergehen. Am Abschlusstag aber riss der US-Präsident das Ruder herum, nachdem er zwei Tage lang Ungewissheit über den Handelskrieg mit China und seine Position in der Irankrise verbreitet hatte. Donald Trump winkte mit dem Olivenzweig in Richtung Peking und ließ den französischen Präsidenten bei seinem Vorstoß zur Entschärfung der Irankrise zumindest gewähren.
Präsident hält Präsidenten bei Laune
Gastgeber Emmanuel Macron gelang es mit viel diplomatischem Geschick, den US-Präsidenten bei Laune zu halten: Wir haben gut zusammen gearbeitet, es gab viel Übereinstimmung, es waren extrem positive Diskussionen. Am Ende gehe von dem Gipfel ein Zeichen der Einheit aus. Deshalb auch hielten beide Seite an Seite eine Pressekonferenz ab, bei der Donald Trump den Gastgeber einen "bemerkenswerten politischen Führer" nannte und Macron die freundschaftliche Zusammenarbeit mit Trump über den Klee lobte.
Inhaltlich verbucht Macron vor allem als Erfolg, dass er von Trump freie Bahn dafür bekam, eine Annäherung an den Iran zu versuchen. Der Franzose will als Mit-Unterzeichner des inzwischen dysfunktionalen Atomabkommens die Eskalation mit den USA um die Spannungen in der Straße von Hormuz beenden. Deswegen hatte er auch den iranischen Außenminister Zarif am Samstagabend als Überraschungsgast nach Biarritz eingeladen. Trump reagierte zunächst ablehnend, um sich am Montag plötzlich auf den Wagen einer möglichen diplomatischen Annäherung zu schwingen.
"Wir haben einen Weg vorgezeichnet", erklärte Präsident Macron, wenn auch die Umstände immer noch ziemlich fragil seien. Er habe aber mit Präsident Ruhani telefoniert, und der sei unter den richtigen Umständen bereit, sich mit Trump zu treffen. Vielleicht sei eine Einigung möglich - die G7 seien jedenfalls einig darin, dass Iran keine Atomwaffen bekommen solle und man eine Lösung suchen wolle.
Verblüffenderweise erklärte auch Präsident Trump ein Treffen mit Ruhani für möglich. Es gehe ihm darum, dass Iran keine Atomwaffen und keine ballistischen Raketen habe. Das könne man schnell mit einem neuen Abkommen erreichen - und unter gewissen Umständen auch die Sanktionen aussetzen. "Sie müssen gut mitspielen", fügte der US-Präsident an; wenn nicht, würden sie auf Gewalt und Gegenwehr treffen. Er wolle keinen Regimewechsel in Iran, das könne nicht funktionieren. Der französische Präsident habe in dieser Frage hervorragend gearbeitet, und dann fügte Donald Trump noch an: "Ich habe gute Gefühle zum Iran", er kenne viele großartige Iraner.
Trump erklärte auch, er sei von Macron vorab von dem Iran-Coup am Rande des G7-Gipfels unterrichtet worden. Am Sonntag hatte er davon noch nichts wissen wollen. Außerdem habe der Iran großes Potenzial, was er dann im gleichen Atemzug auch Nordkorea unter Kim Jong Un attestierte. Politische Stringenz gehört nicht zu den Stärken des US-Präsidenten.
Annäherung im Handelsstreit
Ähnlich positiv äußerten sich die beiden Präsidenten auch über eine mögliche Eisschmelze im Handelsstreit mit China. Man habe das Thema lange diskutiert und sei sich einig, dass die Handelspraktiken Chinas etwa bei geistigem Eigentum und Dumping nicht fair seien, so Macron. Man wolle die Versuche intensivieren, neue Regeln für den Welthandel zu vereinbaren. Abgesehen davon aber schaffe der Handelskrieg zwischen den USA und China Unsicherheit für die Weltwirtschaft, und eine Einigung wäre gut für alle.
Donald Trump erschien an diesem Punkt wie ausgewechselt, hatte er noch am Sonntag erst den Anschein erweckt, er bereue den Handelskrieg mit China, um kurz darauf mitteilen zu lassen: Das sei eine falsche Auslegung, er bereue vielmehr, nicht noch höhere Zölle gegen China verhängt zu haben. Alles deutete nach der letzten Runde mit neuen Zöllen auf beiden Seiten auf sich verhärtende Fronten. Zum Schluß des G7-Treffens aber erklärte der US-Präsident: "Ich glaube, sie (China) wollen einen Deal machen. Der Vizeparteichef kam damit raus, dass er einen Deal unter ruhigen Bedingungen wolle. China wurde von unseren Zöllen hart getroffen und ich glaube, sie wollen einen Deal."
Frankreich zeigt sich darüber hinaus zuversichtlich, dass der Krach um die neue Digitalsteuer, auf die Donald Trump mit Zolldrohungen gegen französischen Wein geantwortet hatte, 2020 durch eine internationale Regelung auf OECD-Ebene beigelegt werden könne. Und die Bundeskanzlerin beschwor in ihrem Treffen unter vier Augen den US-Präsidenten erneut, die Handelsgespräche mit der EU über die Zollfreiheit von Industriegütern wieder aufzunehmen, um die seit Monaten über der Autoindustrie schwebende Zolldrohung zu entschärfen. Zumindest sagte Trump nicht unmittelbar Nein.
Katastrophenabwehr statt guter Ergebnisse
Insgesamt zeichnet diesen Gipfel aus, dass er weniger an seinen konkreten Ergebnissen gemessen werden kann. Der Erfolg ist, dass es der cleveren Regie des Gastgebers gelungen ist, neue Ausbrüche von Seiten Trumps zu verhindern und sowohl beim Welthandel wie auch der Irankrise ein Fenster für Verhandlungen zu öffnen. Alle wissen allerdings, dass die Beschwörungen von Einigkeit und gutem Willen bei den G6+1 nur so weit reichen, wie die gute Stimmung des US-Präsidenten anhält.
Entgegen seiner Ankündigung, es werde keine gemeinsame Abschlusserklärung geben, kam Präsident Macron zum Schluss doch mit einem allerdings nur einseitigen Papier: Darin gibt es ein Bekenntnis zur Reform der Welthandelsorganisation, man sei sich einig, dass der Iran keine Atomwaffen haben solle und Frieden und Stabilität in der Region erstrebenswert sei. Außerdem soll es einen Gipfel zur Ukraine und eine Konferenz zu Libyen geben. Und zu den Demonstrationen in Hongkong erinnert die Erklärung an das britisch-chinesische Abkommen von 1984. Einfacher kann man Weltpolitik nicht machen. Der US-Präsident widersprach jedenfalls keinem dieser Statements.
Hilfe für Amazonas
Die bemerkenswerteste Tatsache bei der von den G7 beschlossenen Hilfen für die Löschung der Waldbrände am Amazonas war weder die kümmerliche Summe von 20 Millionen Euro, noch dass es drei Tage brauchte, um sie beschließen, sondern dass Donald Trump diese Sitzung zu Klimawandel, Schutz der Weltmeere und weiteren ökologischen Anliegen einfach schwänzte. Im Grund waren es also die G6, die beschlossen, den Amazonas-Anrainern beim Kauf von Löschflugzeugen und später bei der Wiederaufforstung zu helfen. Darüber hinaus gab es zu ökologischen Problemen Absichtserklärungen der G6, die in den einzelnen Ländern dann nach Belieben umgesetzt werden - oder auch nicht.