Neue(s) für die Sprache
16. Juli 2009Sie kommen aus den USA, Polen, Ungarn, Österreich und Deutschland: Die fünf neuen Mitglieder der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Es sind der Berliner Schriftsteller Reinhard Jirgl, die österreichische Übersetzerin Elisabeth Edl, der ungarische Essayist und Literaturhistoriker László F. Földényi sowie die beiden Germanisten David E. Wellbery aus den USA und Leszek Zylinski aus Polen. Bisher hatten sie nur ihre Liebe zur deutschen Sprache gemeinsam, seit neuestem gehören sie zu den 184 Mitgliedern der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Was macht eine Akademie mit einem solch schwerwiegenden Titel? Sie kümmert sich um die deutsche Sprache und Literatur. Ob es der renommierte Georg-Büchner-Preis ist, den die Akademie jährlich vergibt, oder Kleinigkeiten wie diese: Leid tun oder leidtun - zusammen geschrieben, auseinander, groß oder klein?
Die Anarchie in der deutschen Rechtschreibung trieb Klaus Reichert, dem Präsidenten der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, vor ein paar Jahren tiefe Zornesfalten auf die Stirn. Die Rechtschreibreform und den damit einhergehenden Wildwuchs der Schreibweisen schmähte er als Missgeburt. Doch gegen die Macht des Faktischen kam auch die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung nicht an. Die Reform blieb und die Verwirrung bei vielen Deutschen auch.
BSE: Bad Simple English
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung übt trotzdem weiter Kritik und streitet unermüdlich für die Pflege der deutschen Sprache und Literatur. Sie zieht gegen Service Points und Call-Center zu Felde. Wenn auch nur auf sprachlicher Ebene. Denn Anglizismen sind der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ein Gräuel. Da ist von "BSE" - "Bad Simple English" die Rede, das überall auf der Welt die Muttersprachen verdänge. Auch die Wissenschaft nehme dabei Schaden, wenn immer mehr Bürger auf Gebieten wie Gentechnik nichts mehr verstünden. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung - 60 Jahre lang wacht sie mit Argus-Augen über Veränderungen und widrige Einflüsse.
Gegründet wurde sie an einem historischen Datum: dem 28. August 1949 in der Frankfurter Paulskirche, dem 200. Geburtstag von Johann Wolfgang von Goethe. Als "kleine Schwester" des traditionsreichen Schriftstellerinstituts Académie Francaise. Marie Luise Kaschnitz und Erich Kästner waren in der ersten Stunde dabei.
Georg-Büchner-Preis Verleihung
Öffentlichkeitswirksam tritt die Akademie einmal im Jahr in Erscheinung, mit der Verleihung des Georg-Büchner-Preises, Deutschlands renommiertestem Literaturpreis. Berühmte Preisträger sind etwa Günther Grass, Gottfried Benn oder Friedrich Dürrenmatt. Verliehen wird der Georg-Büchner-Preis auf der Herbsttagung, einer traditionsreichen Veranstaltung, die auch Raum für Debatten bietet. Das Jubiläumsjahr stand im Zeichen einer Selbstbefragung: "Was erwarten wir heute von einer Literatur- und Sprachakademie?" diskutierten die drei jungen Akademiemitglieder Felicitas Hoppe, Daniel Kehlmann und Ingo Schulze. Eine Art von kritischer Innenrevision ist auch die Ausstellung "Doppelleben" im Literaturhaus in Berlin. Hier soll die dunkle NS-Vergangenheit in den eigenen Reihen aufgearbeitet werden.
Die Mitglieder der Akademie sind bekannt und weniger bekannt. Lyriker, Dramatiker, Erzähler, Essayisten, Übersetzer, Historiker, Philosophen und Wissenschaftler, die in deutscher Sprache publizieren. Hundert von ihnen leben und arbeiten in Deutschland, 84 wirken als so genannte korrespondierende Mitglieder im Ausland.
Autorin: Sabine Oelze
Redaktion: Elena Singer