Führung von Hongkonger Zeitung vor Gericht
19. Juni 2021Dutzende Unterstützer der beiden regierungskritischen Journalisten standen vor dem Gerichtsgebäude Schlange, um an der Anhörung teilzunehmen, unter ihnen viele aktuelle oder frühere Mitarbeiter von "Apple Daily", die von dem Medienunternehmer Jimmy Lai, einem der prominentesten Kritiker der chinesischen Führung in Hongkong, gegründet wurde.
Chefredakteur Ryan Law und Verlagschef Cheung Kim-hung werden auf Grundlage des sogenannten nationalen Sicherheitsgesetzes von den pekingtreuen Hongkonger Behörden offiziell beschuldigt, "geheime Absprachen mit einem anderen Land oder externen Elementen mit dem Ziel der Gefährdung der nationalen Sicherheit" vorgeworfen. Die Behörden in der chinesischen Sonderverwaltungszone erklärten, die Zeitung habe zu "Sanktionen" gegen Hongkong und die Führung in Peking aufgerufen.
Ein Antrag auf Freilassung der beiden Beschuldigten gegen Kaution wurde von dem Gericht abgewiesen. Es bestehe das Risiko, "dass die Angeklagten weiterhin Handlungen begehen werden, die die nationale Sicherheit gefährden", sagte der Hauptrichter Victor So. Der nächste Gerichtstermin wurde für den 13. August festgesetzt.
Razzia bei "Apple Daily"
Am Donnerstag hatten etwa 500 Polizisten die Redaktionsräume der Zeitung durchsucht und fünf Führungskräfte festgenommen, darunter den Chefredakteur. Ihn und den Geschäftsführer von "Apple Daily" stellten die Behörden unter Anklage. Drei Verdächtige wurden gegen Kaution freigelassen. Bei dem Polizeieinsatz wurden Computer sowie Vermögenswerte der Zeitung beschlagnahmt.
Eine "Apple Daily"-Mitarbeiterin, die zu dem Gerichtstermin kam, sagte der Nachrichtenagentur AFP, sie und ihre Kollegen begingen "jeden Tag, als sei es der letzte" bei der Zeitung. Eine andere Mitarbeiterin, die ihren vollen Namen ebenfalls nicht nennen wollte, sagte, die Vorfälle bei "Apple Daily" seien ein Warnschuss. Letztlich könne dies "jedem anderen Medium in der Stadt passieren".
Die Hongkonger Polizei teilte derweil mit, sie wolle auch gegen drei Unternehmen ermitteln, die "Apple Daily" gehören. Es ist das erste Mal, dass auf Grundlage des nationalen "Sicherheitsgesetzes" gegen Unternehmen anstatt gegen Einzelpersonen ermittelt wird.
Die Zeitung "Apple Daily" ist der chinesischen Führung und der Peking-treuen Hongkonger Regierung seit langem ein Dorn im Auge. Das Blatt unterstützt konsequent die Demokratie-Bewegung in der Millionenmetropole. Der Besitzer Jimmy Lai verbüßt aktuell mehrere Haftstrafen aufgrund seiner Beteiligung an pro-demokratischen Protesten 2019. Zudem wird gegen ihn wegen angeblicher Verstöße gegen das "Sicherheitsgesetz" ermittelt, das im vergangenen Jahr als Reaktion auf anhaltende Massenproteste in Hongkong eingeführt worden war.
"Sicherheitsgesetz" als Grundlage
Das umstrittene Gesetz erlaubt es der chinesischen Führung, unter dem Vorwand der Terrorabwehr umfangreich gegen demokratische Aktivitäten vorzugehen und auch gegen kritische Medien. Das Gesetz gilt als massivster Einschnitt in die Autonomie der ehemaligen britischen Kronkolonie, die ihr bei der Übergabe an China 1997 nach dem Prinzip "Ein Land - zwei Systeme" für mindestens 50 Jahre zugesagt worden war. Westliche Staaten werfen China vor, Bürgerrechte in Hongkong auszuhöhlen und die Demokratie-Bewegung mundtot machen zu wollen.
Im Pressefreiheitsindex der Organisation Reporter ohne Grenzen ist die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong von Platz 18 im Jahr 2002 mittlerweile auf Rang 80 abgerutscht. Die Volksrepublik belegt den 177. von 180 Plätzen.
qu/ml (afp, rtr, ap)