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Frostige Begegnung in Vilnius

Christoph Hasselbach, zur Zeit Vilnius28. November 2013

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hat der Europäischen Union erst einmal den Laufpass gegeben. Zum Gipfel mit seinen EU-Kollegen in der litauischen Hauptstadt ist er trotzdem gekommen.

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Janukowitsch und Grybauskaite (Foto: rtr)
Ukraines Präsident Viktor Janukowitsch und die litauische Präsidentin Dalia GrybauskaiteBild: Reuters

Das wichtigste Vorhaben des Gipfels fällt wohl aus. Eigentlich wollte die Europäische Union (EU) in der litauischen Hauptstadt Vilnius mit der Ukraine ein Assoziierungs- und Partnerschaftsabkommen unterzeichnen. Das Abkommen hätte diesem mit Abstand wichtigsten Land der Ost-Partnerschaft den Weg nach Europa gewiesen. Doch nur wenige Tage vor dem Gipfel hat die ukrainische Regierung eine Kehrtwende vollzogen und alle Vorbereitungen zu dem Abkommen abgeblasen. Russland hatte starken Druck auf Kiew ausgeübt, das Land werde eine Hinwendung nach Europa teuer bezahlen. Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch beklagte sich schließlich, die EU hätte seinem Land mehr bieten müssen. Er versuchte zu lavieren, regte als Kompromiss Dreierverhandlungen mit der EU und Russland an, was aber die EU ablehnte. So fehlt dem Gipfel das ursprüngliche große Ziel.

Die Maske fallengelassen?

Dennoch ist Janukowitsch nach Vilnius gekommen. Manche Teilnehmer hoffen immer noch, dass er das Abkommen unterzeichnen wird. Die Tür steht ihm jedenfalls offen. Doch wahrscheinlich ist ein solcher Schritt nicht. Eigentlich sollte Janukowitsch als Bedingung für eine Annäherung an die EU auch die inhaftierte Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko freilassen. Sie sollte zur ärztlichen Behandlung nach Deutschland gebracht werden. Doch Timoschenko sitzt weiter im Gefängnis, für die EU ein Beispiel für politisch motivierte Justiz. Timoschenkos Tochter Jewgenia meinte in Vilnius: "Janukowitsch hat die Maske eines anscheinend europafreundlichen Staatschefs abgenommen und sein wahres Gesicht eines autoritären Herrschers gezeigt." Noch unklar ist, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Janukowitsch zusammentreffen wird. Wenn ja, dann dürfte sie ihn an seine nicht eingehaltenen Zusagen erinnern. Es wird für Janukowitsch keine einfache Zeit hier sein.

Putin und Janukowitsch nebeneinander (Foto: Reuters)
Janukowitsch (r.) versucht, zwischen Präsident Putin und der EU zu lavierenBild: Reuters

Die EU verheißt Wohlstand

Wie also geht es weiter? Ernüchterung hat sich unter europäischen Politikern breitgemacht. Und viele stellen die Frage, welche Konsequenzen die EU aus den Vorgängen ziehen soll. Elmar Brok, deutscher CDU-Europaabgeordneter und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Parlaments, zeigt sich in Vilnius selbstkritisch. Im Gespräch mit der Deutschen Welle fordert er: "Es muss viel deutlicher gemacht werden, welchen Nutzen die Europäische Union hat - nicht nur zur Unterstützung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit." Es gehe auch um handfeste wirtschaftliche Fragen: "Wenn man sich mit Russland ökonomisch verbandelt, dann hat man den Lebensstandard Russlands, wenn man sich mit Europa verbandelt, dann hat man den Lebensstandard der baltischen Staaten oder Polens."

Kein Basar

Doch neben Zweifel, ob man die Unterstützung für die Ukraine klar genug ausgedrückt hat, mischen sich auch harte Worte. Der schwedische Außenminister Carl Bildt weist jedenfalls das Argument zurück, Janukowitsch habe angesichts russischen Drucks und magerer europäischer Zusagen keine andere Wahl gehabt: "Die Ost-Partnerschaft ist kein Basar, auf dem man um Milliarden feilschen und sich dann für das beste Angebot entscheiden kann. So war es nie gemeint, und so wird es auch nie sein." Die EU betont aber auch, die Ost-Partnerschaft richte sich keineswegs gegen Russland. Bildt sagt sogar: "Langfristig wird Russland einer der größten Nutznießer dieser Politik sein. Denn Russland ist eines der Länder, die wirklich eine Modernisierung brauchen." Das sieht die russische Regierung natürlich ganz anders. Moskau sieht offensichtlich in der Ost-Partnerschaft einen Versuch der EU, einige der ehemaligen Sowjetrepubliken seinem Einflussgebiet zu entreißen.

Demonstranten recken die Fäuste (Foto: Reuters)
Demonstranten in Kiew fordern die Freilassung TimoschenkosBild: Reuters

Der Schwung ist raus

Schwacher Trost für die EU, dass sich mit Moldau und Georgien zwei der Ost-Partnerländer tatsächlich auf Europa zubewegen. Sie sind die beiden Musterschüler der Partnerschaft. Der Rest dagegen sperrt sich. Auch mit Aserbaidschan und Armenien kommt Brüssel nicht weiter. Und Weißrussland unter Präsident Alexander Lukaschenko gilt ohnehin als politisch rückständigstes Land Europas, Weißrussland hat nie richtig mitgemacht. Ein Abkommen mit der Ukraine hätte der Partnerschaft wahrscheinlich neuen Schwung gegeben. Der ist nun erst einmal weg.