Frohe Botschaft für das Wahljahr
3. Dezember 2012Kühl und strukturiert wirkt sie, die ganz in blau gehaltene Einladung zum 25. Bundesparteitag der CDU (04. bis 05.12.2012). Jede Seite erhält durch horizontale und vertikale Linien eine strenge Ordnung. Hier tanzt nichts aus der Reihe, und das gilt nicht nur für das gedruckte Wort. Akribisch ist der Parteitag in den vergangenen Wochen und Monaten vorbereitet worden, und die Verantwortlichen haben dabei ein Ziel nie aus den Augen verloren: In Hannover soll sich die Partei geschlossen, harmonisch und positiv gestimmt präsentieren.
"Starkes Deutschland. Chancen für alle", lautet der Titel des Leitantrags, den der Parteivorstand den 1001 Delegierten zur Abstimmung vorlegen wird. Der Antrag sei, so formuliert CDU-Generalssekretär Hermann Gröhe, "eine klare wirtschaftspolitische Positionierung im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft" und ein inhaltlicher Auftakt für das Wahljahr 2013.
Glattgebügeltes Programm
Ein Inhalt, der allerdings zuvorderst von der Parteispitze definiert wird, auch wenn inzwischen mehr als 1000 Änderungsanträge von der Basis eingegangen sind. Deren absehbares Konfliktpotenzial wurde jedoch im Vorfeld des Parteitags durch eine Änderungskommission bereits entschärft. Inhaltliche Diskussionen und damit potenziellen Zündstoff könnte es nur bei den Themen "Anerkennung von Kindererziehungszeiten", "Frauenquote für Aufsichtsräte" und "steuerliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften" geben.
Gewünscht ist das von der Parteispitze nicht. Einen Monat vor den Landtagswahlen in Niedersachsen und ein dreiviertel Jahr vor der Bundestagswahl will die CDU-Parteivorsitzende und Regierungschefin Angela Merkel kontroverse Debatten oder gar Streitereien über das Parteiprogramm möglichst vermeiden.
Alles im Dienst der Harmonie
Stattdessen sucht Merkel uneingeschränkte Zustimmung für ihren Kurs und will sich zum nunmehr siebten Mal von ihrer Partei mit einem möglichst überzeugenden Ergebnis zur Vorsitzenden wählen lassen. Zudem soll es statt vier in Zukunft fünf Stellvertreter geben. Die Zahl der zur Verfügung stehenden Posten wurde flugs erhöht, nachdem sich mehr als nur vier Interessenten bereitgefunden hatten. Alles im Dienst der Harmonie.
Zwölf Jahre steht Angela Merkel der CDU inzwischen vor, nur Helmut Kohl und Konrad Adenauer waren bisher länger im Amt. Seit 2005 ist sie Bundeskanzlerin, im kommenden Jahr kandidiert sie für eine dritte Amtsperiode. Die Ostdeutsche Merkel hat die CDU verändert. Nur noch wenig erinnert an die von westdeutschen Männern dominierte Partei der 1980er- und 90er-Jahre. Von den konservativen Grundideen ist auch immer weniger erkennbar. Zwei Legislaturperioden, eine mit der SPD als Partner, eine mit den Liberalen, haben ihre Spuren hinterlassen.
In der Regierungszusammenarbeit hat Merkel bewiesen, wie flexibel sie sein kann. Sie möchte es allen recht machen. Konflikte moderiert und vertagt sie, anstatt sie zu entscheiden. Diskussionen und Debatten münden nicht selten in Prüfaufträge und Arbeitsgruppen. Über allem steht das Ziel, die CDU für möglichst viele Bürger wählbar zu machen. Unverrückbare Standpunkte und klare programmatische Aussagen wirken da störend und passen nicht ins Konzept.
Die Basis meldet sich zu Wort
Die CDU ist ihrer Chefin auf diesem Weg in den vergangenen Jahren in der Regel gefolgt. Mangels personeller Alternativen blieb ihr im Grunde auch nichts anderes übrig. Inzwischen werden aber die Stimmen derer lauter, die sich zum einen in der allgemeinen Beliebigkeit nicht mehr wiederfinden und es zum anderen Leid sind, dass programmatische Auseinandersetzungen und inhaltliche Festlegungen immer wieder vertagt werden.
Ob sich das Grummeln der Basis auf dem Parteitag kanalisieren wird, bleibt abzuwarten. Bei der seit Monaten laufenden Diskussion über eine Einführung des Ehegattensplittings für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften könnte das durchaus der Fall sein. Ein CDU-Bundestagsabgeordneter hat bereits angekündigt, dass er auf dem Parteitag einen Antrag durchsetzen will, der die Bundesregierung auffordert, umgehend ein Gesetz zur steuerlichen Gleichstellung der Homo-Ehe auf den Weg zu bringen. Dem würden allerdings nicht wenige konservative Delegierte heftig widersprechen. Der unerwünschte Konflikt wäre unausweichlich.