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"Nobelpreis wird hoffentlich Druck erhöhen"

Gabriel Domínguez / jm11. Oktober 2014

Kailash Satyarthi ist für seinen Kampf gegen Kinderarbeit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Im Exklusiv-Interview der DW spricht er über seine Anfänge als Aktivist, Risiken und Zukunftspläne.

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Kailash Satyarthi - Foto: Adnan Abidi (Reuters)
Bild: REUTERS/A. Abidi

Deutsche Welle: Herr Satyarthi, was bedeutet Ihnen der Nobelpreis?

Kailash Satyarthi: Der Preis gibt mir mehr Kraft im Kampf gegen Kindersklaverei und Ausbeutung, denn es ist die größte Anerkennung, die bis jetzt für Engagement im Bereich Kinderrechte vergeben wurde, speziell um Kinderarbeit abzuschaffen. Es ist eine große Ehre und Anerkennung für die Stimmen von hunderten Millionen von Kindern, die vernachlässigt oder ignoriert wurden.

Was hat Sie angetrieben, gegen Kinderarbeit vorzugehen?

Seit meiner Kindheit lag mir das Thema schon am Herzen. Ich war zu der Erkenntnis gekommen, dass ich mich für Kinder einsetzen muss, denen die Kindheit geraubt wird. Als ich anfing, gab es kein großes Bewusstsein für dieses Thema. Ich konnte also von niemandem lernen. Langsam habe ich dann begriffen, dass Kinderarbeit einen Verstoß gegen fundamentale Menschenrechte darstellt und diesen Kinder Freiheit und eine gute Zukunft verwehrt wurde. Wir sind dieses Problem angegangen und langsam begann unser Kampf Wellen zu schlagen.

Welche Hindernisse mussten Sie überwinden?

Kinderarbeit ist ein soziales Übel und so mussten wir dafür kämpfen, dass die Menschen umdenken. Diese Praxis ist gegen das Gesetz und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Man muss sicherstellen, dass es entsprechende Gesetze gibt und dass sie richtig angewendet werden. Es ist eine Auseinandersetzung mit der Mafia und organisierten Kriminellen. Es war schon immer ein harter Kampf. Ich habe zwei Kollegen verloren: Einer wurde erschossen, einer wurde zu Tode geprügelt. Außerdem sind meine Familie und ich mehrmals angegriffen worden. Es war also nicht leicht. Mir wurde klar, dass die Menschen, die versuchen mich und mir Nahestehende umzubringen, sich von meiner Arbeit herausgefordert fühlen.

Was muss noch passieren, damit es Kinderarbeit in Indien nicht mehr gibt?

Malala Yousafzai in Birmingham - Foto: Darren Staples (Reuters)
Kinderrechtsaktivistin und Nobelpreisträgerin Yousafzai: "Ein friedliches Miteinander herstellen"Bild: Reuters/Darren Staples

Es gibt immer noch viel zu tun. Aber wie ich schon gesagt habe: Der Preis wird viele Aktivisten und die Zivilgesellschaft dazu inspirieren, diesem Kampf zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen, sowohl bei der Regierung als auch in der Privatwirtschaft. Hoffentlich wird er helfen, das Bewusstsein zu schärfen und auf alle jene den Druck zu erhöhen, die Kinder ausnutzen, um mehr Profit zu machen.

Sie teilen sich den Friedensnobelpreis mit der Menschenrechtsaktivistin Malala Yousafzai aus Pakistan. Was halten Sie von dieser Doppelauszeichnung für Indien und Pakistan, zwei Länder die ein sehr angespanntes Verhältnis haben?

Ich respektiere Malala. Sie ist eine wunderbare junge Dame. Ich habe nach der Bekanntgabe mit ihr telefoniert und wir haben ausführlich darüber gesprochen, wie wir bei vielen Themen zusammenarbeiten können. Dazu gehören zum Beispiel die Ausbildung von Mädchen und Kinderarbeit. Aber viel wichtiger ist: Wir haben darüber gesprochen, wie man in unserer Region, aber auch weltweit, ein friedliches Miteinander herstellen oder wieder herstellen kann.

Wird der Preis Ihre Arbeit verändern?

Der Kampf gegen Kinderarbeit wird unverändert weitergehen. Die einzige Sache ist die, dass ich in über 140 Ländern im Namen des Netzwerks "Global March against Child Labor" aktiv bin. Meine Partner und Kollegen in der ganzen Welt werden meine Präsenz nun vielleicht häufiger erbitten. Was also als einziges passiere könnte ist, dass ich mehr als vorher reisen darf.

Seit Jahrzehnten widmet Kailash Satyarthi sich dem Kampf gegen Kindersklaverei. Millionen von Kindern hat er schon geholfen. Der 60-jährige gelernte Elektrotechniker gründete 1980 die Organisation Bachpan Bachao Andolan/Save the Childhood Movement (BBA), um Kinderarbeit und Kinderhandel zu bekämpfen. Die BBA hat Jungen und Mädchen aus tausenden Fabriken und Privathäusern gerettet, die dort zur Arbeit gezwungen wurden. Satyarthi selbst nimmt regelmäßig an Demonstrationen teil und war 1998 einer der Anführer des Global March against Child Labor, ein Protestmarsch gegen Kinderarbeit, der am Ende durch 103 Länder zog.

Das Gespräch führte Gabriel Domínguez.