Frieden für den Süd-Sudan?
9. Januar 2005Es war einer der längsten und blutigsten Bürgerkriege in Afrika. Der Kampf der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee (SPLA) gegen die Regierung in Khartum und die darauf folgenden Hungersnöte haben über zwei Millionen Menschen das Leben gekostet. Jahrelang hatten beide Seiten miteinander verhandelt, immer wieder wurden Fristen für das Schlussabkommen gebrochen. Nun hatten die beiden Verhandlungsführer ihren großen Tag. Vizepräsident Ali Osman Mohammed Taha und Rebellenführer John Garang unterzeichneten das Abkommen im Nachbarstaat Kenia.
Das Friedensabkommen sieht eine sechsjährige Übergangszeit vor, in der die SPLA eigene Truppen im Süden des Landes behält. Kernpunkte des Vertrags sind eine Regierungsbeteiligung der bisherigen Rebellen und eine gleichmäßige Aufteilung der Einkommen aus den Ölvorkommen. SPLA-Führer John Garang wird nun vom Guerillaführer zum neuen sudanesischen Vizepräsidenten und löst damit Taha in diesem Amt ab.
Referendum soll über Unabhängigkeit entscheiden
Die wichtigste Frage, nämlich ob der christliche und animistische Süden von Khartum unabhängig werden soll, ist nicht geklärt, sondern aufgeschoben. In sechs Jahren soll die Bevölkerung in einem Referendum darüber abstimmen. Es ist damit zu rechnen, dass spätestens dann der Konflikt wieder aufbricht.
Der Süden Sudans hat nun den Wiederaufbau vor sich. Und das bedeutet weniger eine Beseitigung von Kriegsschäden als vielmehr den Sprung von der Vorzeit in die Moderne. Derzeit gibt es in Südsudan weder geteerte Straßen noch eine Strom- und Wasserversorgung noch ein Bildungssystem, das diesen Namen verdient hätte. In der fruchtbaren Gegend, die theoretisch die Kornkammer des Landes sein könnte, bearbeiten die Bauern ihre kleinen Felder mit Handhacken.
"Allahu akbar" und "Halleluja"
Die im Stadion von Nairobi anwesende Menschenmenge begrüßte die Unterzeichnung mit Jubel und rief abwechselnd "Allahu akbar" und "Halleluja". An der Unterzeichnungszeremonie in einem Stadion in Nairobi nahmen auch Staats- und Regierungschef mehrerer afrikanischer Länder teil, darunter auch der sudanesische Präsident Omar el Baschir. Als Zeugen unterschrieben außerdem der scheidende US-Außenminister Colin Powell, der italienische Außenminister Gianfranco Fini und die norwegische Entwicklungshilfeministerin Hilde Johnson, deren Länder die achtjährigen Friedensverhandlungen unterstützt hatten. Das Abkommen muss nun binnen zwei Wochen vom sudanesischen Parlament und vom Parlament der Rebellen ratifiziert werden.
Selbst wenn sich die Lage im Süden nun verbessern sollte, so ist in der Krisenregion Darfur im Westen des Landes weiterhin keine Lösung in Sicht. In dem Konflikt zwischen Rebellengruppen der dort lebenden Völker und arabischen Kämpfern, die auf Seiten der Regierung in Khartum stehen, sind seit Februar 2003 etwa 70.000 Menschen ums Leben gekommen und 1,8 Millionen Bewohner vertrieben worden. (wga)