Kongos Ex-Rebellenführer bleibt frei
27. Februar 2015Die Miliz kam im Morgengrauen. 2003 wurden im Dorf Bogoro im Kongo mehr als 200 Bewohner niedergemetzelt, bei lebendigem Leibe verbrannt, Hunderte Frauen vergewaltigt und auch Kinder getötet oder zum Töten gezwungen. Verantwortlich dafür sahen die Ankläger am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag Mathieu Ngudjolo Chui und machten dem Anführer der kongolesischen Rebellen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen den Prozeß. Doch 2012 sprach das Weltstrafgericht den 44-Jährigen aus Mangel an Beweisen frei.
Knapper Ausgang des Berufungsverfahrens
Diesen Freispruch hat nun die Berufungskammer des IStGH bestätigt. Die Schuld des 44-Jährigen an dem Massaker in Bogoro sei nicht zweifelsfrei erwiesen, urteilten drei von insgesamt fünf Berufungsrichtern und wiesen die Einwände der Anklage als unbegründet zurück.
Sie fanden die Aussagen der Zeugen widersprüchlich und nicht ausreichend für eine Verurteilung. Die Anklage habe nicht nachweisen können, dass Ngudjolo zu jener Zeit Kommandeur war und die Kontrolle über die Truppen der "Einheit der Nationalisten und Integrationisten" (FNI) hatte. Er selbst hatte stets seine Unschuld beteuert und gesagt, sei kein Chef einer Miliz gewesen, sondern Krankenpfleger.
Politisches Asyl für Freigesprochene?
Ngudjolo Chui ist der erste und einzige bisher Angeklagte, der vom Strafgerichtshof für nicht schuldig befunden wurde. Er war 2008 verhaftet worden. Der Prozess gegen ihn und seinen Mitangeklagten Germain Katanga, den Anführer einer anderen Miliz im Kongo, begann 2009. Katanga war im Mai 2014 zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Ngudjolo Chui hat nun in den Niederlanden politisches Asyl beantragt, weil er aus Sicherheitsgründen nicht in den Kongo zurückkehren will. Die Frage, was mit Personen geschieht, die vom Strafgerichtshof freigesprochen werden, ist bisher noch ungeklärt.
HRW: Strafermittlungen verbessern
Als Reaktion auf den Freispruch von Ngudjolo Chui forderte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, die Ankläger am IStGH müssten in allen anhängigen Verfahren ihre Ermittlungen verbessern.
Der Internationale Strafgerichtshof kann Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verfolgen. Bisher wurde Anklage gegen mehr als 30 Personen erhoben; drei Urteile wurden gesprochen, seit das Gericht 2002 seine Arbeit aufnahm. Der Strafgerichtshof steht in der Kritik, weil bisher ausschließlich Afrikaner angeklagt wurden.
cw/uh (dpa, epd)