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Freiheit für die Chibok-Mädchen?

Jan-Philipp Scholz/ Adrian Kriesch (Lagos)20. Oktober 2014

Neue Kämpfe in Nord-Nigeria haben die Hoffnung auf eine Waffenruhe mit der Terror-Gruppe Boko Haram zerschlagen. Auch die Zweifel an der für Dienstag angekündigten Freilassung der entführten Mädchen aus Chibok nehmen zu.

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Nigeria Boko Haram soll offenbar entführte Mädchen freilassen
Bild: Reuters/A. Sotunde

"Hope rising", steht auf dem T-Shirt eines Aktivisten: "Die Hoffnung wächst". Wie jedes Wochenende haben sich in der nigerianischen Wirtschaftsmetropole Lagos wieder ein paar Demonstranten getroffen, um für die Freilassung der entführten Mädchen aus Chibok im Nordosten des Landes zu demonstrieren. Doch von wachsender Hoffnung ist bei den Protestierenden nicht viel zu spüren. Die Stimmung ist verhalten. "Die nigerianische Regierung hat sich in der Vergangenheit nicht als glaubwürdig erwiesen", sagt Yemisi Ransome-Kuti, eine der Wortführerinnen der Proteste. "Es gab eine ganze Reihe von Falschinformationen für die Öffentlichkeit. Wir hoffen das Beste, aber bis wir die Mädchen nicht wirklich gesehen haben, glauben wir ihnen nichts." Am Freitag (17.10.2014) hatten der Generalstabschef der nigerianischen Armee und ein Regierungssprecher mitgeteilt, dass eine Waffenruhe mit der Terrorgruppe Boko Haram ausgehandelt – und auch die Freilassung der 219 Mädchen aus Chibok zugesagt worden sei.

Yemisi Ransome-Kuti, Gründerin Nigeria Network of Non-Governmental Organisations Foto: Adrian Kriesch/ DW
Yemisi Ransome-Kuti: "Wir glauben ihnen erst, wenn wir die Mädchen sehen"Bild: DW/A. Kriesch

Erneute Angriffe von Boko Haram

Wie berechtigt das Misstrauen ist, zeigte sich bereits am Sonntag. Boko Haram nahm einen weiteren Ort im Bundesstaat Borno ein und tötete zahlreiche Dorfbewohner. Nach Informationen lokaler Medien beteiligte sich auch die nigerianische Armee am Wochenende an Kampfhandlungen, obwohl die Soldaten den Befehl erhalten hatten, die Waffen schweigen zu lassen.

"Die nigerianische Regierung hat sich in der Vergangenheit ständig widersprochen", kritisiert auch der Politikwissenschaftler Abubakar Umar Kari. "Heute sprechen sie von einem Dialog, morgen sagen sie, dass sie die Sekte zerschlagen werden. Und dann zweifeln sie sogar die Existenz der Gruppe an", sagte Kari der Deutschen Welle. So hatten beispielsweise einzelne Regierungsvertreter nach der Entführung der mehr als 200 Schülerinnen vor einem halben Jahr den Vorfall erst bestritten und später behauptet, die meisten Mädchen seien von der Armee befreit worden. Beides mussten sie später dementieren.

Jan-Philipp Scholz zur Waffenruhe in Nigeria

Gespaltene Terrorgruppe

Nach Informationen der nigerianischen Tageszeitung "The Punch“ hat sich Boko Haram inzwischen in eine radikale und eine verhandlungswillige Gruppe aufgespalten. Ein Regierungsmitarbeiter sagte der Zeitung, dass die jüngsten Vereinbarungen nur mit der verhandlungswilligen Gruppe getroffen worden seien. Das würde bedeuten, dass ein tatsächliches Waffenstillstandsabkommen noch weit entfernt ist. Das nigerianische Militär hatte mehrmals den Tod des Anführers Abubakar Shekau bekannt gegeben, dieser meldete sich jedoch immer wieder per Videobotschaft zu Wort.

"Wir bleiben optimistisch"

Ein enger Vertrauter des Präsidenten bestätigte die vereinbarte Feuerpause im Gespräch mit der Deutschen Welle. Diese sei nicht an Bedingungen geknüpft, sagte Hassan Tukur auf Nachfrage der DW. Er erinnerte daran, dass die Miliz vergangene Woche 27 in Kamerun entführte Geiseln wie versprochen freigelassen habe. Nachdem Verhandlungen mit der Miliz zuvor immer ergebnislos verlaufen seien, habe Boko Haram damit guten Willen gezeigt. Er hoffe, dass damit das Ende der Krise eingeläutet sei.

Trotz aller Skepsis gegenüber der Regierung wollen sich auch die Protestierenden in Lagos ein wenig Hoffnung bewahren. Mindia Chiwar, ein Rechtsanwalt aus Chibok, der einige betroffene Eltern vertritt und in Lagos ebenfalls an den Protesten teilnimmt, berichtet auch von neuer Zuversicht unter den Angehörigen der entführten Mädchen. "Sie versuchen, optimistisch zu bleiben!"

Mindia Chiwar, Rechtsanwalt aus Chibok Foto: Jan-Philipp Scholz/ DW
Mindia Chiwar aus Chibok will optimistisch bleibenBild: DW/J.-P. Scholz