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Wikipedia Zero

Stefan Mey10. November 2013

Wikipedia Zero will die Online-Enzyklopädie dorthin bringen, wo viele Menschen kein Internet haben. Mithilfe der überall verbreiteten Handys soll das gelingen, auch dann, wenn es sich um ältere Modelle handelt.

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Wikipedia Zero Campaign in Africa Datum 11. April 2013, 01:52:19 Quelle Eigenes Werk Urheber Omaranabulsi
Bild: cc-sa-by-Omaranabulsi

Etwa 500 Millionen Menschen weltweit nutzen Projekte der Wikimedia Foundation, der Mutterorganisation von Wikipedia. Laut einem selbst gesetzten Ziel soll sich die Nutzerzahl bis 2015 verdoppeln. Das eigentliche Wachstumspotenzial dafür sieht die Foundation in Entwicklungs- und Schwellenländern. Viele der Menschen dort haben zwar keinen Internetzugang, sie verfügen aber über Handys, mit denen sich theoretisch Wikipedia-Artikel lesen lassen. Damit das auch praktisch möglich wird, müssen zwei Probleme gelöst werden. Und das wird nicht einfach.

Problem Nr. 1: die Kosten

Kul Wadhwa ist bei der Wikimedia Foundation für mobile Entwicklungen zuständig und leitet das Wikipedia-Zero-Programm. Er sieht darin zunächst eine ökonomische Herausforderung. "Es geht vor allem darum, die wichtigste Barriere für den Zugang zu freiem Wissen im Netz zu reduzieren - die Kosten. In vielen Entwicklungsländern müssten die Leute mehr als ein Zehntel ihres Einkommens bezahlen, wenn sie mobiles Internet haben wollten." Das können sich jedoch nur wenige erlauben. So verhandelt Wadhwa mit großen Telekommunikations-Unternehmen. Er will erreichen, dass sie ihren Kunden einen kostenfreien, mobilen Abruf von Wikipedia-Artikeln übers Handy ermöglichen. In 19 Ländern ist das zurzeit bereits möglich.

Acht Telekommunikations-Anbieter beteiligen sich bis jetzt weltweit. Die letzte Partnerschaft kam Ende Oktober 2013 hinzu: Airtel Africa hat für seine etwa 4,5 Millionen Kunden in Kenia Wikipedia Zero eingeführt. Mit ihrer Simkarte können die Kunden Wikipedia Zero per Handy nutzen, ohne dass Kosten für die Datenübertragung entstehen. Schon länger besteht eine ähnliche Kooperation zwischen Airtel Africa und "Facebook Zero" - auch hier ist der Zugriff auf die Facebookseite umsonst.

Kul Wadhwa - „Director Mobile“ bei der Wikimedia Foundation Copyright: Lane Hartwell auf Wikimedia Commons (Foto: cc-sa-by-JayWalsh)
Will möglichst vielen Menschen den Zugang zu freiem Wissen im Netz ermöglichen: Kul Wadhwa von Wikipedia ZeroBild: cc-sa-by-JayWalsh

Natürlich sind solche Projekte für die Telekommunikationsanbieter auch von Nutzen. So können sie neue Kunden gewinnen. Wenn es sich dabei noch um Angebote handelt, die Wissen vermitteln, ist eine Zusammenarbeit mit Wikipedia Zero nur eine logische Konsequenz. So erklärt Willie Ellis, Produkt- und Innovations-Direktor bei Airtel Africa, das Engagement seines Unternehmens: "Diese Partnerschaft bietet unseren Kunden eine weitere Möglichkeit, Erfahrungen mit dem Internet zu sammeln. Wir sehen das als ersten Schritt für viele Kunden, das Netz zu verstehen."

Problem Nr. 2: die Technik

Smartphones sind in Schwellen- und Entwicklungsländern noch recht selten. Einfache Geräte sind nicht in der Lage, die umfangreichen Inhalte von Wikipedia wiederzugeben. Um die Einträge trotzdem anzeigen zu können, wollen Wadhwa und seine Kollegen einfach auf die verfügbaren Text-Kanäle der Handys zugreifen: Nutzer können Wikipedia-Einträge per SMS anfordern und bekommen sie dann als Antwort zugeschickt.

Alternativ wird - wie bei Facebook Zero - eine textbasierte Technologie namens USSD genutzt. Die bietet mehr Interaktionsmöglichkeiten, so lässt sich beispielsweise bei der Abfrage gleich ein konkretes Kapitel aus dem gewünschten Artikel auswählen. Der Text kommt dann wiederum per SMS aufs Handy.

Das Logo des sozialen Netzwerks Facebook auf einem i-Phone (Foto: picture-alliance/dpa)
Facebook Zero ist auch in Deutschland verfügbarBild: picture-alliance/dpa

Eine dritte Zugriffsmöglichkeit ist eine App für das Handy-Betriebssystem Nokia S40. Von Geräten mit diesem Betriebssystem sind noch mehrere Hundert Millionen in Umlauf. Diese "Fetaturephones" beherrschen zwar schon mobiles Internet, sind aber noch weit von der Funktionalität moderner Smartphones entfernt. Während die reine SMS-Variante und die Handy-App noch im Entwicklungsstadium ist, wurde die hybride Lösung aus SMS- und USSD-Technologie Ende Oktober von Airtel Kenya erstmals als 3-monatiges Pilotprojekt gestartet. In den restlichen 18 Ländern geht ohne ein modernes Smartphone zur Zeit noch nichts.

Freundliche Partnerschaft trotz Zensur vor Ort

Im Wikipedia-Zero-Kosmos finden sich auch Länder, die ansonsten nicht für ihr freies Internet bekannt sind. Saudi-Arabien beispielsweise wird von "Reporter ohne Grenzen" zu den "Feinden des Internets" gezählt, da dort massiv Netz-Inhalte blockiert und zensiert werden. Kul Wadhwa ist sich des Dilemmas bewusst, betont aber: "Wir werden niemals Wikipedia zensieren, wir ändern auch keine Inhalte ab. Wenn unsere Partner Inhalte blockieren oder filtern, können wir kaum etwas dagegen tun. Wir nehmen es allerdings nicht stillschweigend hin. Wir wollen nicht, dass sie das tun und sagen das auch explizit. Sie würden es aber so oder so machen." Trotzdem sei es gut, wenn Millionen von Menschen zum ersten Mal überhaupt auf freies Wissen zugreifen können.

Kinder aus Afrika halten zusammen ein Mobiltelefon (Foto: cc-sa-by-Omaranabulsi)
Zugang zu Informationen ist auch für junge Afrikaner essentiellBild: cc-sa-by-Omaranabulsi

Die Weltkarte von Wikipedia Zero ist noch ein globaler Flickenteppich mit vielen Flecken, die als potenzielle Zielländer gelten. In Lateinamerika ist noch gar kein Land vertreten. Vor allem dorthin soll sich der Fokus in nächster Zeit richten. Laut ihrer Fünf-Jahres-Strategie will die Wikimedia Foundation im Jahr 2015 eine Milliarde Menschen erreichen. Wikipedia Zero soll dabei helfen.