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Frauenquote löst heftige Debatte aus

31. Januar 2011

Die Regierungskoalition hat ein neues Streitthema ausgegraben – die Frauenquote in Top-Positionen der Wirtschaft. Zwei CDU-Ministerinnen schlagen dazu unterschiedliche Quotenmodelle vor, doch wer mauert? Die FDP.

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Eine Geschäftsfrau telefoniert am Flughafen
Frau in Führungsposition - ein seltenes Exemplar?Bild: Bilderbox

Im März will die Bundesregierung in der heiß diskutierten Frage der Frauenquote Nägel mit Köpfen machen. Bis dahin sollen Familienministerin Kristina Schröder und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) mit Personalvorständen und Arbeitsdirektoren der 30 DAX- Unternehmen beraten und einen abgestimmten Vorschlag vorlegen. Das teilte die stellvertretende Regierungssprecherin Sabine Heimbach am Montag (31.01.2011) in Berlin mit.

Innerhalb der Regierung herrsche Einigkeit, dass es in der deutschen Wirtschaft zu wenig Frauen in Führungspositionen gebe, fügte Heimbach hinzu. In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und FDP festgelegt, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst maßgeblich erhöht werden soll. Dazu sollte ein Stufenplan vorgelegt werden.

Schröder widerspricht von der Leyen

Bundesfamilienministerin Kristina Schroeder und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: dpad)
Familienministerin Schröder und Arbeitministerin von der Leyen sind uneins. Muss Merkel schlichten?Bild: dapd

Schröder und von der Leyen haben nun verschiedene Vorschläge für eine Frauenquote präsentiert. Schröder schlägt eine gesetzliche Regelung vor, mit der die Unternehmen dazu gezwungen werden sollen, selbst eine Frauenquote festzulegen und zu veröffentlichen, die dann innerhalb von zwei Jahren erreicht werden soll. Schröder machte allerdings klar, dass sie keine gesetzliche Regelung wolle, "die alle Unternehmen von der Stahlindustrie bis zur Medien- und Kommunikationsbranche über einen Kamm schert."

Von der Leyen plädiert hingegen für eine feste 30-Prozent-Quote. Diese Quote soll vor allem börsennotierte Unternehmen betreffen und an Sanktionen gekoppelt werden. Als "krachend gescheitert" bezeichnete von der Leyen langjährige freiwillige Vereinbarungen mit der Privatwirtschaft. "Im Augenblick sind wir, was Frauen in den Führungspositionen angeht, auf Höhe mit Indien, hinter Russland, hinter Brasilien, hinter China. Mit anderen Worten, es ist wirklich an der Zeit, dass sich in diesem Land etwas ändert."

Die FDP mauert

FDP-Generalsekretär Lindner hält nichts von einer Zwangsquote (Foto: dapd)
FDP-Generalsekretär Lindner hält nichts von einer ZwangsquoteBild: dapd

Auf harten Widerstand stießen die CDU-Frauen beim Koalitionspartner FDP, der verbindliche Frauenquoten in Spitzengremien der Wirtschaft ablehnt. "Aus unserer Sicht besteht gegenwärtig noch kein dringender Handlungsbedarf", betonte Generalsekretär Christian Lindner. Eine Frauenquote wäre ein "tiefer Eingriff in die Vertragsfreiheit und in die Personalpolitik der Unternehmen". Lindner vertraut darauf, dass sich Unternehmen selbst Chancen verbauen, wenn sie nicht auf die Fähigkeiten weiblicher Führungskräfte setzen.

Eine verbindliche Frauenquote hält auch der Bundesverband der Personalmanager (BPM) für falsch. Realismus sei notwendig, mahnte Verbandspräsident Joachim Sauer und plädierte für eine Selbstregulierung.

SPD drückt auf's Tempo

Umgekehrt gehen die CDU-Vorschläge den Sozialdemokraten nicht weit genug. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig forderte eine Frauenquote von mindestens 40 Prozent und sie drückte auch gleich auf's Tempo. "Wir wollen sie jetzt. Wir warten seit zehn Jahren". Es gebe seit zehn Jahren freiwillige Vereinbarungen mit der Wirtschaft. "Von den 200 stärksten Unternehmen haben nur drei Prozent Frauen in Führungspositionen. Das ist wirklich mittelalterlich", kritisierte Schwesig.

Die Linke im Bundestag hat sich für die stufenweise Einführung einer paritätischen Besetzung ausgesprochen. Konkret sollen Unternehmen auf allen Ebenen mindestens die Hälfte der Führungspositionen mit Frauen besetzen.

Auch die EU macht mobil

EU-Binnenmarktkommissar Michael Barnier (Foto: dpa)
EU-Binnenmarktkommissar Michael Barnier unterstützt die QuoteBild: picture alliance / dpa

In der Frauenquotenfrage drängt auch die Europäische Union auf greifbare Fortschritte. Die EU-Kommission hat sich ohnehin schon länger mehr Chefposten für Frauen in Europa zum Ziel gesetzt. "Ich stehe der Idee aufgeschlossen gegenüber, europaweit Frauenquoten einzuführen, beispielsweise in den Vorständen der großen börsennotierten Unternehmen", sagte Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Dies sei nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern führe auch zu ausgewogeneren Entscheidungen. Seit Monaten macht die EU-Kommission den Konzernen Druck und droht der Wirtschaft mit einer Frauenquote. Die Schonfrist läuft bald aus, schon im April will die EU-Behörde einen konkreten Vorschlag vorlegen.

Konkrete Zahlen nannte Barnier bisher nicht. Allerdings hat die zuständige EU-Justizkommissarin Viviane Reding bereits im Herbst als Zielgröße einen Frauenanteil von 30 Prozent in Aufsichtsräten genannt, der bis 2015 erreicht sein sollte. Fünf Jahre später sollten es bereits 40 Prozent sein.

Während in Deutschland noch diskutiert wird, ist Frankreich längst weiter. Dort hat das Parlament am 13. Januar eine Quote beschlossen: Demnach müssen Unternehmen binnen sechs Jahren mindestens 40 Prozent der Posten in ihren Vorstandsetagen mit Frauen besetzen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte vor kurzem mitgeteilt, dass der Anteil von Frauen in den Vorstandsetagen der 200 größten deutschen Firmen 2010 Jahr nur bei 3,2 Prozent gelegen habe.

Autor: Reinhard Kleber (dpa, epd, dapd, rtr)
Redaktion: Sabine Faber

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