Frauenpower in Pakistan
11. Mai 2013Nach wie vor ist einer der beliebtesten Politiker im Lande eine Frau. Benazir Bhutto, die ehemalige Premierministerin, die 2007 bei einem Attentat ums Leben kam, gilt für viele Pakistaner - nicht nur Frauen - als Vorbild. In den letzten Jahren hat sich in Pakistan ein neuer Trend bemerkbar gemacht: Immer mehr Frauen werden in politischen Parteien aktiv, auch in den konservativen Stammesgebieten. Eine will sogar für das höchste Amt des Landes kandidieren.
Wie pakistanische Medien berichten, will die parteilose Badam Zari, sie ist Mitte 50, als Direktkandidatin bei der Parlamentswahl am 11. Mai antreten. Das ist nicht ganz ungefährlich. Sie will ihr Stammesgebiet Bajaur vertreten, einen der sieben Unruhebezirke an der Grenze zu Afghanistan, die Rückzugsräume für Taliban-Kämpfer und Al-Kaida-Terroristen sind. Wie gefährlich es sein kann, sich in den konservativen Stammesgebieten für die Rechte von Frauen und Mädchen einsetzen, hat der Fall der erst 15-jährigen Aktivistin Malala Yousafzai gezeigt: Sie wurde letztes Jahr von Islamisten auf dem Schulweg angeschossen und schwer verletzt.
Konservatives Rollenbild der Frau
Besonders im Nordwesten des Landes vertreten die meisten Einwohner ein äußerst konservatives Rollenbild. Frauen halten sich vor allem im Haus auf und zeigen sich auf der Straße nur tief verschleiert. Nur drei Prozent von ihnen können lesen oder schreiben. Badam Zari gehört nicht zu ihnen. Das ist aber nach pakistanischem Gesetz kein Hinderungsgrund für eine Kandidatur. "Meine Entscheidung, bei der Wahl anzutreten, wird nicht nur Frauen im Allgemeinen Mut geben und Aufmerksamkeit auf ihre Probleme richten, sondern auch helfen, den falschen Eindruck über unsere Gesellschaft auszuräumen", begründete Zari ihre Kandidatur auf einer Pressekonferenz.
Laut einem aktuellen Bericht des Weltwirtschaftsforums sitzen in Pakistan anteilig mehr Frauen im Parlament als in Großbritannien oder den USA. Trotzdem: "Die Frauenfrage ist in der pakistanischen Politik genauso ungelöst wie in anderen Ländern auch", sagt Christian Wagner von der Stiftung Wissenschaft und Politik. In den vergangenen Jahren sei in Pakistan ein positiver Trend der Beteiligung von Frauen in der Politik zu verzeichnen. Und die Parteien nutzten diesen Trend nun. "Die Pakistan People's Party (PPP) hat eine Reihe von sehr starken Kandidatinnen, die in den Wahlkreisen das Gewicht zu ihren Gunsten wenden könnten", so Wagner weiter.
In der pakistanischen Nationalversammlung sind grundsätzlich 60 von 342 Sitzen Frauen vorbehalten. "Es gibt bereits eine Frauenquote im Parlament, aber die Parteien selbst haben noch keine", erklärt Britta Petersen, Leiterin des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Islamabad, im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Aber es bewegt sich etwas. Und ich glaube, dass das den Frauen Mut macht", fügt sie hinzu.
Die vergangene Regierung habe viele frauenfreundliche Gesetze auf den Weg gebracht. Außerdem hätten Frauen aus allen Parteien eine Frauenparlamentariergruppe gebildet. Dort arbeiten sie an Themen, die für Frauen interessant sind.
Ein langer Weg zur Gleichstellung
Laut Britta Petersen ist die pakistanische Politik sehr stark feudal geprägt. Ein Großteil der Mandate im Parlament sei von mächtigen und reichen Familien besetzt. Das sei auch im Fall von Frauen in der pakistanischen Politik der Fall. "Die meisten Frauen im Parlament oder mit führenden Positionen in den großen Parteien stammen aus Familien mit einer langen politischen Tradition", sagt Hasan Askari Rizvi, Politologe aus Pakistan. In einigen der kleinen Parteien, die stärker von der Mittelschicht geprägt sind, gibt es nun aber auch vermehrt Frauen.
Vor allem fehlende Bildung und soziale Tabus seien ein großes Hindernis für Frauen, die eine politische Karriere anstreben, so Rizvi. Nur rund 40 Prozent der Frauen in Pakistan können lesen und schreiben. Dennoch haben pakistanische Frauen in den letzten Jahren Kampfgeist bewiesen. "Sie haben in der vergangenen Legislaturperiode ein Gesetzesvorschlag eingebracht, dass die Frauenquote erhöht werden soll", erklärt Britta Petersen.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Hasan Askari Rizvi sagt, dass die Veränderung in Pakistan langsam, aber stetig ist. Frauen seien in der Politik bereits viel aktiver geworden. Vor allem, dass eine Frau aus den Stammesgebieten kandidiert, sei eine große Überraschung. "Sie wird die Wahl wahrscheinlich nicht gewinnen. Aber sie setzt ein klares Zeichen", betont Rizvi. Es sei der Beginn eines Wandels in Pakistan. Frauen müssten noch einen weiten Weg gehen, bevor sie sich in einer von Männern dominierten Welt durchsetzen könnten und Anerkennung bekämen. Aber es sei bereits ein Schritt in die richtige Richtung.