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Studie: Pandemie vergrößert Ungleichheit

Miodrag Soric
10. Juni 2020

Geschlossene Kitas und Schulen, Kurzarbeit, Kündigung - die Corona-Krise hat weitreichende soziale und wirtschaftliche Folgen. Doch die sind nicht für jeden gleich - besonders hart trifft es die bereits Benachteiligten.

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Symbolbild Haushaltshilfe
Bild: picture-alliance/dpa/F. Kraufmann

Besonders betroffen seien Frauen, sagt Aline Zucco vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Schon vor der Pandemie haben sie weniger Geld verdient als Männer, konstatiert Zucco.

So habe sich die Schließung von Schulen oder Kindergärten während der Pandemie unterschiedlich auf Männer und Frauen ausgewirkt. Als die Krise ausbrach, seien viele Paare gezwungen gewesen, eine Entscheidung zu treffen: Wer von beiden bleibt zu Hause, um auf die Kinder aufzupassen?

Weil Frauen oft weniger verdienen als Männer, wurde die Entscheidung meist aus ökonomischen Gründen getroffen. Wenn beide Partner berufstätig sind und einer zu Hause bleiben muss, um die Kinder zu betreuen, entscheiden sich laut einer Studie der Böckler Stiftung deutlich mehr Frauen als Männer für die Kinderbetreuung. "Somit werden bestehende Ungleichheiten durch die Pandemie weiter verstärkt", sagt Zucco der DW.

Geringverdiener trifft es härter

Ähnlich sieht es Katja Möhring, Soziologie-Professorin an der Universität Mannheim. Für eine fortlaufende Studie befragt sie mit ihrem Team seit März jede Woche 3500 Menschen, wie die Pandemie ihr Leben verändert hat. 

Demnach werden Menschen, die nur wenige Stunden pro Woche in so genannten Mini-Jobs arbeiten, und solche, die haushaltsnahe Dienstleistungen anbieten, besonders schnell freigestellt. "Frauen trifft es da besonders stark", sagt sie der DW.

Homeoffice - Arbeitsplatz in der Coronakrise
Kinder betreuen, während Schulen und Kitas zu sind - eine Arbeit, die überdurchschnittlich oft von Frauen gemacht wirdBild: Imago/O. Müller

"So eine Krise wirkt wie ein Brennglas auf soziale Ungleichheiten", sagt Anja Piel, Vorstandsmitglied im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). "Die Krise triff Erwerbstätige mit niedrigem Einkommen und niedrigem Bildungsgrad besonders hart." Sie könnten oft nicht im Homeoffice arbeiten. Wer vor der Pandemie weniger verdiente, müsse jetzt häufig weitere Einkommensverluste hinnehmen.

Dagegen müssten Menschen mit höherem Einkommen während der Pandemie seltener ihre Arbeit einschränken. Auch die Mannheimer Studie zeigt, dass 40 Prozent der Menschen mit höherem Schulabschluss von zu Hause aus arbeiten konnten.

Auch Migranten gefährdet

Konkrete Zahlen hat der DGB noch nicht, doch glaubt Piel, dass Menschen mit Migrationshintergrund bei Kündigungen benachteiligt seien. Als ein Beispiel nennt sie Ausländer, deren Aufenthaltsstatus in Deutschland nur die Duldung ist. Wenn sie ihren Job verlieren und nicht in kurzer Zeit einen neuen finden, könnten sie in der Folge auch die Erlaubnis verlieren, in Deutschland zu bleiben.

Anja Piel
Will den "Niedriglohn-Sumpf" austrocknen: Gewerkschafterin Anja PielBild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Durch die Pandemie könne die Wirtschaft in Deutschland weniger Ausbildungsplätze anbieten. Das treffe junge Leute mit Migrationshintergrund besonders hart, sagt Piel, denn sie - das belegten Studien - hätten es ohnehin schon schwer, eine Lehrstelle zu bekommen.

Unabhängig von der Pandemie müsse "der Niedriglohn-Sumpf" ausgetrocknet werden, fordert Piel. Sie fordert deshalb höhere Löhne für Pflegekräfte sowie und Geringverdiener. "Wir brauchen armutsfeste Löhne", so Piel. Menschen, denen jetzt Arbeitslosigkeit droht, müsse die Möglichkeit zur Weiterbildung gegeben werden, damit sie sich für andere Tätigkeiten qualifizieren. Die Gewerkschafterin begrüßt das Konjunkturpaket der Bundesregierung. Doch sie geht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit steigen wird. Auch das werde die soziale Ungleichheit vergrößern.