1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Französischer Trip ins All: "Valerian"

Jochen Kürten
20. Juli 2017

Luc Besson macht Hollywood Konkurrenz. Mit seinem fantastischen Science-Fiction Opus "Valerian - Die Stadt der Tausend Planeten" sprengt der Franzose gängige europäische Produktionsbudgets. Ein Blick auf sein Œuvre.

https://p.dw.com/p/2gsOD
Filmszene aus Valerian - Die Stadt der tausend Planeten von Luc Besson mit den beiden Hauptdarstellern in Actionszen
Bild: Universum Film

Kino kann überwältigend sein. Ein Rausch der Farben und der Tricks. Eine Reise in die Fantasie, die alle Zeit- und Raumschranken hinter sich lässt. Das Fantasy- und das Science-Fiction-Genre eignen sich am besten für diese Art des Kinos, wie der französische Regisseur, Produzent und Autor Luc Besson mit seinem neuen Film beweist. 

Europäische Variante der Weltraumoper

"Valerian - Die Stadt der Tausend Planeten" heißt das Werk, und es dürfte ein Meilenstein für das europäische Genre-Kino sein. So wie "Star Wars" und "Avatar" einst das Überwältigungskino Hollywoods vorangetrieben haben, so wird auch "Valerian" noch in ein paar Jahren in Erinnerung bleiben - als gigantisches und fantasiereiches Ausstattungskino. Mit "Star Wars" und "Avatar" hat "Valerian" dabei sehr viel gemeinsam.

Filmszene aus Valerian - Die Stadt der tausend Planeten von Luc Besson mit den beiden Hauptdarstellern im Cockpit eines Raumschiffes
Auf geht's: Im Raumschiff starten Valerian und Laureline ihre MissionBild: Universum Film

Jüngere Kinofans werden wahrscheinlich den Kopf schütteln und verblüfft ausrufen: "Das ist doch geklaut, das haben wir in 'Star Wars' doch schon gesehen." Das ist so verständlich wie falsch. Der Film "Valerian" basiert auf dem 50 Jahre alten französischen Comic "Valérian et Laureline". Vergleicht man beide Filme, so müsste es richtig heißen: George Lucas und seine Mitstreiter haben sich Mitte der 1970er Jahre ganz offensichtlich bei der französischen Comic-Vorlage bedient.

Besson: "Für ein Merci ist es nicht zu spät"

"Lucas und sein Team hätten sagen können: 'Yeah, wir haben aus diesem Comic einige sehr nette Inspirationen bekommen. Großartig. Danke'," so Luc Besson vor kurzem in einem Interview mit der "Welt am Sonntag". Es wäre immer noch eine nette Geste, fügte Besson noch hinzu: "Es ist nicht zu spät dafür." Doch richtig böse ist Besson dem Star-Wars-Erfinder George Lucas nicht. Er bewundert den Amerikaner für das, was er geleistet hat. Würde er heute von Lucas gefragt werden, sagt er, ob er für eine Fortsetzung der Science-Fiction-Saga als Regisseur zu Verfügung stehe, so würde er sich das auf jeden Fall überlegen.

Filmszene aus Valerian - Die Stadt der tausend Planeten von Luc Besson mit Fabelwesen
Kopf hoch - die fantasievollen Kreaturen machen sich in "Valerian" gegenseitig KonkurrenzBild: Universum Film

Luc Besson weiß, wie Filmgeschichte funktioniert. Er weiß, dass sich einzelne künstlerische Werke meistens auf irgendwelche Details früherer Filme, Bücher oder Bilder beziehen. Und er weiß auch, dass Lucas sich zwar mutmaßlich des französischen Comics bediente, aber genügend eigenen kreativen Input in das Projekt hineinbrachte. Vermutlich sieht Besson die Sache auch so gelassen, weil er für "Valerian" selbst Anleihen bei einem anderen berühmten Hollywood-Film genommen hat.

"Valerian": teuerster europäischer Film aller Zeiten

"Valerian", von dessen Verfilmung der Franzose schon seit einigen Jahren träumte, ließ sich lange nicht realisieren. Und das noch nicht einmal wegen der immensen Kosten (180 - 200 Millionen Euro, mehrere Jahre Produktionszeit, rund 2000 Mitarbeiter). Viel Geld für einen Film aufzutreiben, ist für Besson, der zu Anfang des Jahrtausends eine ganze Filmproduktionsstadt im Norden von Paris aus dem Boden stampfte, eines der kleineren Probleme. "Valerian" zu produzieren scheiterte lange an den tricktechnischen Möglichkeiten. Erst mit der Digitalisierung kam die Wende. Die Tausenden von außerirdischen Film-Kreaturen auf der Leinwand hätten sich mit der Technik des vordigitalen Zeitalters kaum bewerkstelligen lassen.

Womit wir wieder bei den Anleihen sind. Es sei James Camerons Welterfolg "Avatar" gewesen, der ihm die Augen geöffnet habe, so Besson in verschiedenen Interviews: "Die technischen Möglichkeiten, die James Cameron darin mit computergenerierten Bildern und dem 3-D-Format ausgeschöpft hatte, zeigten mir: Jetzt können wir 'Valerian' auf die Leinwand bringen."

"Valerian - Die Stadt der Tausend Planeten" erinnert so jetzt auch an viele Vorgängerfilme, an "Star Wars" und "Blade Runner", an "Avatar" und "Herr der Ringe" und auch an Bessons eigenen Science-Fiction-Film "Das fünfte Element". Es sind phantastische Bilder entstanden für diesen bisher teuersten aller europäischen Kinofilme. Spezialeffekte im Sekundentakt prasseln auf die Zuschauer nieder, prächtige 3-D-Effekte wechseln mit überwältigenden Weltraum-Panoramen ab.

Schon oft gehört: "Unser Schicksal liegt in Euren Händen"

Über die Geschichte lässt sich sicher streiten. "Das Drehbuch ist ein Grauen. Der Plot ist eine primitive Kopie von 'Avatar'," schrieb ein Kritiker. In "Valerian" wird ein junges Paar, Valerian und Laureline, in die Millionenmetropole Alpha geschickt. Dort leben tausende unterschiedliche Spezies friedlich miteinander. Doch Eintracht und Frieden sind in Gefahr. Eine feindliche Macht bedroht das Zusammenleben der verschiedenen Kreaturen. Die beiden jungen Spezialagenten werden beauftragt, gegen das Böse zu kämpfen: eine Science-Fiction-Story aus der Retorte mit vielen handelsüblichen Dialogen ("Unser Schicksal liegt in Euren Händen" etc.). Das hat man so und in Varianten schon oft im Kino gesehen.

Filmszene aus Valerian - Die Stadt der tausend Planeten von Luc Besson mit Hauptdarsteller in Actionszene mit Pistole o.ä.
Bunte Dekors, Action und junge Darsteller: Valerian - Die Stadt der Tausend PlanetenBild: Universum Film

Als wirklich neu kann man die Besetzung der beiden Hauptrollen mit relativ unbekannten jungen Schauspielern (Dane DeHaan und Cara Delevigne) bewerten. Die beiden haben das Zeug, bei jugendlichen Kino-Fans in aller Welt auch in Zukunft eine Rolle zu spielen. Valerian und Laureline balgen sich im Stile einer Screw-Ball-Comedy durch die Handlung. Für ihn sei der Film auch so etwas wie eine Variante von "Mr. and Mrs. Smith im Weltraum" verriet Besson der "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Auch bilden die beiden kein Superhelden-Paar à la Hollywood, sondern wirken eher leicht hippiemäßig angehaucht und spaßorientiert. In Nebenrollen treten bekannte Größen wie die Popsängerin Rihanna und der Jazz-Pianist Herbie Hancock auf.

Beatles-Song "Because" veredelt "Valerian"

In "Valerian" geht es nicht um philosophische Tiefe - sieht man einmal davon ab, dass der Filmplot übliche Zeit- und Raumvorstellungen mühelos hinter sich lässt. Es geht vor allem um ein überwältigendes Kinoerlebnis. Dazu trägt auf der Tonspur ein legendärer wie kongenialer Song bei. Von Paul McCartney erhielt Besson überraschend die Erlaubnis, den Beatles-Song "Because" im Film zu verwenden. Das ist dann das I-Tüpfelchen, der emotionale Türöffner zu "Valerian".