1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikEuropa

Ex-Präsident Giscard d'Estaing ist tot

2. Dezember 2020

Valéry Giscard d'Estaing überlebte seine Nachfolger François Mitterrand und Jacques Chirac. Nun starb der frühere französische Staatspräsident und Europafreund hochbetagt im Alter von 94 Jahren.

https://p.dw.com/p/3m9Vb
Frankreich Früherer Präsident Valéry Giscard d'Estaing ist tot
Bild: Jacques Demarthon/AFP/Getty Images

Der frühere französische Staatschef Valéry Giscard d'Estaing (Artikelbild) ist tot. Der Zentrumspolitiker, der von 1974 bis 1981 im Élyséepalast amtiert hatte, starb im Alter von 94 Jahren. Der Altpräsident war erst Mitte des Monats nach einem fünftägigen Aufenthalt aus dem Krankenhaus im westfranzösischen Tours entlassen worden.

Im Duo mit Helmut Schmidt

Giscard d'Estaing war ein überzeugter Europäer und äußerte sich in der französischen Öffentlichkeit bis ins hohe Alter hinein zu EU-Fragen. In den 1970er Jahren bildete er mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) ein als vorbildhaft gepriesenes deutsch-französisches Duo.

Valery Giscard d'Estaing (l.) und Helmut Schmidt
Zwei, die sich gut verstanden: Giscard d'Estaing und Helmut SchmidtBild: Keystone/Hulton Archive/Getty Images

Der hochgewachsene Franzose mit aristokratischem Auftreten überlebte seine Nachfolger François Mitterrand (1916-1996) und Jacques Chirac (1932-2019). An der Trauerfeier für Chirac im September 2019 in Paris nahm er - gebückt gehend - noch teil.

In Koblenz geboren

Giscard d'Estaing hatte auch persönlich eine enge Beziehung zu Deutschland. Er wurde am 2. Februar 1926 in Koblenz im damals französisch besetzten Rheinland geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg absolvierte er die französische Elitehochschule ENA. Er stieg dann zum Wirtschafts- und Finanzminister auf. Nach dem Tod von Präsident Georges Pompidou wurde er im Alter von 48 Jahren in das höchste Staatsamt gewählt.

Giscard setzte im Élyséepalast gesellschaftliche Reformen wie die Liberalisierung des Ehe- und Abtreibungsrechts durch. Gegen Ende seiner Amtszeit litt jedoch seine Popularität - unter anderem wegen der Affäre um ein Diamantengeschenk des zentralafrikanischen Diktators Jean-Bédel Bokassa.

Träger des Karlspreises

Von 2002 an führte Giscard d'Estaing den EU-Reformkonvent, der zur Erneuerung der Europäischen Union einen Verfassungsentwurf vorlegte. Mit dem Nein der Franzosen und der Niederländer bei Volksabstimmungen im Jahr 2005 scheiterte das Vorhaben jedoch spektakulär. Danach übernahm der EU-Vertrag von Lissabon wichtige Regelungen der abgelehnten Verfassung. 2003 erhielt der Europapolitiker Giscard d'Estaing den Karlspreis der Stadt Aachen.

Giscard d'Estaing schrieb politische Bücher wie Liebesromane. Mit "Die Prinzessin und der Präsident" schürte der vierfache Vater sogar Spekulationen über eine frühere Affäre mit Lady Di. Dann jedoch gab er zu Protokoll, die Liebesgeschichte sei frei erfunden.

Kurz vor seinem Tod machte der Hochbetagte noch einmal Schlagzeilen. Eine WDR-Journalistin warf ihm vor, sie nach einem Interview unsittlich berührt zu haben. Er selbst wies dies als "grotesk" zurück.

haz/bru (dpa, afp, rtr)