Französische Bahn: "Massiver Angriff" auf Schnellzugnetz
Veröffentlicht 26. Juli 2024Zuletzt aktualisiert 26. Juli 2024Nur wenige Stunden vor der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in Paris hat Frankreichs Bahngesellschaft SNCF einen "massiven Angriff" auf ihr Schnellzugnetz gemeldet. Viele Verbindungen mit den TGV-Hochgeschwindigkeitszügen müssten gestrichen werden, gab die SNCF gegenüber den Medien an. Die Situation werde "mindestens das gesamte Wochenende" anhalten, während die Reparaturen erfolgen.
"Skandalöser krimineller Akt"
In der Nacht zu Freitag seien unter anderem Brandanschläge verübt worden, um Einrichtungen zu beschädigen, hieß es weiter. Medienberichten zufolge wurden unter anderem Signalanlagen angezündet oder Glasfaserkabel durchtrennt. Der Verkehr auf den betroffenen Strecken sei "stark beeinträchtigt". Der französische Premierminister Gabriel Attal sprach von "vorbereiteten und koordinierten Sabotageakten" gegen Anlagen der SNCF, Verkehrsminister Patrice Vergriete von einem "skandalösen kriminellen Akt".
Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen wegen Schädigung von Staatsinteressen auf. Es bestehe zudem der Verdacht auf Sachbeschädigung mit gefährlichen Mitteln in einer organisierten Bande sowie Angriffe auf Datenverarbeitungssysteme, hieß es bei der Behörde in Paris. Im Fall einer Verurteilung drohen den Tätern bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe und 225.000 Euro Geldstrafe. Bislang gibt es keine Hinweise auf mögliche Täter.
800.000 Passagiere betroffen
Anschläge gab es auf drei Achsen: der Ost-Achse, die von Paris nach Straßburg führt, auf der Nord-Achse sowie auf der Atlantik-Achse von Paris Richtung Südwesten. Nach Angaben der französischen Bahn haben rund 800.000 Menschen unter den Zugausfällen zu leiden. An mehreren Pariser Bahnhöfen harrten zahlreiche Reisende stundenlang aus, um Informationen über ihre Verbindungen zu erhalten. Am Bahnhof Montparnasse fuhr den gesamten Vormittag lang kein einziger Zug. Am Nachmittag sollte auf der Strecke zwischen Paris und Bordeaux nur etwa jeder dritte Zug fahren.
Die Ausfälle wirken sich auch auf den Eurostar aus, der London unter dem Ärmelkanal hindurch mit dem Kontinent verbindet. Züge von und nach Paris würden umgeleitet, teilte die Zuggesellschaft Eurostar mit. Die Verspätung betrage 90 Minuten. Mehrere Züge seien abgesagt worden. SNCF und auch Eurostar riefen die Fahrgäste auf, ihre Reisen zu verschieben und nicht zu den Bahnhöfen zu kommen.
Die Deutsche Bahn geht davon aus, dass die Anschläge kaum Auswirkungen auf den Zugverkehr in Deutschland haben werde. Allerdings könnte es zu Behinderungen bei Zügen kommen, die von oder nach Straßburg oder Paris unterwegs seien. Drei deutsche Olympia-Springreiter mussten ihre Fahrt in die französische Hauptstadt bereits stornieren.
70.000 Athleten, 300.000 Zuschauer
Am Abend sollen die Olympischen Spiele mit einer spektakulären Feier auf der Seine in Paris eröffnet werden. Knapp 70.000 Athleten sowie 300.000 Zuschauer nehmen daran teil.
Frankreichs Sportministerin Amelie Oudea-Castera verurteilte die Anschläge, ihre Sorge gelte nun den Sportlerinnen und Sportlern in der Hauptstadt. "Das sind die Spiele der Athleten, die jahrelang davon geträumt haben und um den Heiligen Gral - das Podium - kämpfen, und das wird nun sabotiert", sagte Oudea-Castera dem TV-Sender BFMTV. Die Spiele ins Visier zu nehmen, heiße, Frankreich ins Visier zu nehmen.
Flughafen Basel-Mulhouse evakuiert
Am späten Vormittag musste der Flughafen von Basel-Mulhouse wegen einer Bombendrohung vorübergehend geräumt werden. Das Terminal sei "aus Sicherheitsgründen" zeitweise evakuiert worden, teilte der in Frankreich gelegene französisch-schweizerische Airport mit. Inzwischen laufe der Flugbetrieb aber wieder.
35.000 Polizisten und 18.000 Soldaten im Einsatz
Wegen der Olympischen Spiele ist die Sicherheitslage in Frankreich angespannt, der Aufwand zum Schutz des Mega-Events ist gewaltig. Rund 35.000 Polizisten und Gendarmerie-Mitglieder sowie 18.000 Soldaten werden bei den Spielen im Schnitt jeden Tag im Einsatz sein. Scharfschützen, Taucher und KI-Kameras sollen mögliche Zwischenfälle rund um die Eröffnungsfeier verhindern.
sti/se (afp, dpa, rtr)