Premier Valls warnt vor Antisemitismus
9. Januar 2016Ein Jahr nach dem Anschlag auf einen koscheren Supermarkt in der französischen Hauptstadt hat Premierminister Manuel Valls sich demonstrativ an die Seite der jüdischen Gemeinschaft gestellt. "Ohne die französischen Juden wäre Frankreich nicht Frankreich", betonte Valls bei einer Gedenkveranstaltung am Hyper Cacher am Ostrand von Paris. Dort hatte der Islamist Amedy Coulibaly am 9. Januar 2015 Geiseln genommen und vier jüdische Kunden erschossen.
Der blutige Überfall war Teil der Terrorserie, die zwei Tage zuvor mit dem Anschlag auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" begonnen hatte und bei der die drei islamistischen Angreifer insgesamt 17 Menschen töteten. Die Attentäter wurden von der Polizei erschossen.
"Die jüdische Identität ist ein Schlüsselelement"
"Der Antisemitismus ist da, immer noch da", warnte Valls im Beisein von Vertretern der französisch-jüdischen Dachorganisation CRIF. Die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, unterstrich: "Wir werden uns weder von den Waffen, noch von der Angst vor den Waffen beherrschen lassen. Die jüdische Identität wird ein Schlüsselelement unserer Identität bleiben." Die beiden Politiker hatten zuvor Kerzen in Erinnerung an die Opfer angezündet.
An der Gedenkzeremonie nahmen auch Innenminister Bernard Cazeneuve und der Präsident des Rats der Muslime in Frankreich, Anouar Kbibech, teil. Unter großem Applaus zündete Lassana Bathily, ein muslimischer Angestellter des Supermarktes, der mehreren Menschen im Geschäft das Leben gerettet hatte, eine Kerze für die Opfer an. Bathily hatte sich seinerzeit ins Untergeschoss geflüchtet, den Strom im Kühlraum abgestellt und dort 15 Menschen in Sicherheit gebracht. "Ich habe keine Juden versteckt, ich habe Menschen versteckt", kommentierte er später sein Handeln.
Gedenktafel für Polizistin
Präsident François Hollande enthüllte im Pariser Vorort Montrouge eine Gedenktafel für die vor einem Jahr getötete Polizistin Clarissa Jean-Philippe. Coulibaly hatte die 26-Jährige am 8. Januar 2015 auf offener Straße erschossen, dem Tag zwischen den Anschlägen auf die Redaktion von "Charlie Hebdo" und den Supermarkt.
Die Gewalttaten erschütterten Frankreich. Das Land war im vergangenen Jahr noch mehrfach Ziel von Terroristen. Die verheerendste Mordserie ereignete sich am 13. November. Bei den Anschlägen auf eine Konzerthalle, Restaurants und vor dem Fußballstadion Stade de France wurden 130 Menschen getötet. Hierzu bekannte sich die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS).
An diesem Sonntag wird mit einer großen Veranstaltung auf dem Platz der Republik in Paris im Beisein von Hollande aller Anschlagsopfer des vergangenen Jahres in Frankreich gedacht.
se/ago (dpa, afp)