Fragwürdige Geschäfte mit Obiang Junior
28. Februar 2011Für einige reiche Schiffseigner stellt das Protzen mit Großyachten so etwas wie einen exklusiven Jahrmarkt der Eitelkeiten dar. Andere Kunden legen eher Wert auf Verschwiegenheit. Einer von ihnen ist nach Erkenntnissen der Londoner Nichtregierungsorganisation Global Witness Teodorin Obiang, der Sohn des Machthabers von Äquatorialguinea. Laut Global Witness plant Obiang in Zusammenarbeit mit der Werft Kusch Yacht Projekte GmbH den Bau einer Großyacht. Kusch, etwa sechzig Kilometer nördlich von Hamburg in dem Örtchen Wewelsfleth ansässig, habe den Entwurf für Obiangs Yacht bereits fertig gestellt.
Ein Mitarbeiter von Global Witness, der die Firma Ende 2010 unter dem Vorwand eines Verkaufsgesprächs besuchte, habe erfahren, dass der britische Yachtdesigner Tim Heywood den Entwurf für das Projekt bereits ausgearbeitet habe. Zwar sei der Auftrag für den Bau der Yacht bisher nicht erfolgt. Doch der Mitarbeiter von Global Witness gibt an, er habe im Gespräch mit Angestellten der Werft Details über das Projekt erfahren: "Die Yacht wird etwa 23 Gästezimmer haben sowie ein Bordkino, ein Restaurant mit Bar, einen Swimmingpool und einen Hubschrauberlandeplatz", sagte er gegenüber der Deutschen Welle. "Außerdem ist ein Sicherheitssystem mit Fingerabdruckscannern an den Türen und Bewegungsmeldern geplant, das allein etwa 1,3 Millionen Dollar kosten würde." Die Gesamtkosten der Yacht, die unter dem Codenamen "Zen" geführt wird, werden laut Ermittlungen von Global Witness voraussichtlich rund 380 Millionen Dollar betragen.
"Ein obszöner Betrag"
Es ist unklar, ob Obiang tatsächlich eine Bestellung für die Yacht aufgeben wird. Trotzdem fordert Global Witness in einem am Montag (28.02.2011) veröffentlichten Aufruf die Werft dazu auf, keine weiteren Verträge mit Obiang zu unterzeichnen. Kusch, fordert Global Witness, solle sich weigern, Obiangs Geld entgegenzunehmen, da sein Vermögen in erster Linie aus Korruption stamme.
Es gibt durchaus Anhaltspunkte für diese Behauptung. Eine vorbereitende Untersuchung des amerikanischen Justizministeriums aus dem Jahr 2007 kam zu dem Schluss, dass der Großteil von Obiangs Vermögen aus "Erpressung, Diebstahl von öffentlichen Geldern oder anderen korrupten Praktiken" stamme. Anklage wurde bisher nicht erhoben. Auch das amerikanische Außenministerium bescheinigte Äquatorialguinea 2009 in einer Beurteilung der Menschenrechtssituation "Korruption innerhalb der Regierung".
Teodorin Obiangs Vater, Präsident Teodoro Obiang Nguema Mbasogo, regiert Äquatorialguinea seit 1979 mit eiserner Hand. Damals riss er in einem blutigen Putsch die Macht an sich. Seine Regierung gilt als eines der repressivsten Regime der Welt. "Es ist eine der schlimmsten Diktaturen, wenn man Demokratie-Messungen wie beispielsweise von Freedom House zugrunde legt", sagt Matthias Basedau vom Institut für Afrika-Studien des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien in Hamburg. "Freedom House ordnet Äquatorialguinea in ihre Kategorie der unfreien Staaten ein, unter anderem zusammen mit Nordkorea. Es gibt zwar de jure ein Mehrparteiensystem, aber das ist reine Fassade. In Wahrheit herrscht die Familie Obiang", so Basedau. Das amerikanische Außenministerium berichtete 2009 von Morden und Folter durch Sicherheitskräfte sowie von Einschränkungen der Meinungsfreiheit in Äquatorialguinea.
Reiche Elite, armes Volk
Seitdem in den frühen neunziger Jahren Ölvorkommen in Äquatorialguinea entdeckt wurden, ist das Land für den Westen zu einem zuverlässigen Öl-Lieferanten geworden. Extraktionsverträge mit internationalen Energie-Unternehmen, unter anderem mit der amerikanischen Firma ExxonMobil, haben dem Land ungeahnten Reichtum beschert. Das durchschnittliche Bruttoinlandsprodukt liegt laut CIA World Factbook bei mehr als 37.000 US-Dollar pro Kopf und damit unter den 30 höchsten der Welt. Doch tatsächlich kommen die Erlöse aus der Ölförderung nur einer kleinen Elite zugute. Zahlen des Internationalen Währungsfonds belegen, dass mehr als drei Viertel der Bevölkerung des Landes von weniger als einem Dollar pro Tag leben.
In scharfem Kontrast hierzu steht der voraussichtliche Kaufpreis für Obiangs neue Yacht. Er wird knapp das Dreifache des jährlichen Budgets betragen, das Äquatorialguinea für Gesundheit und Bildung zusammen aufwendet. "Eine solche Summe für einen Luxusartikel auszugeben, kann man angesichts der Armut in Äquatorialguinea nur als obszön bezeichnen", sagte Robert Palmer, ein Aktivist von Global Witness.
Die Rolle der Banken
Der Appell von Global Witness richtet sich auch an die Finanzbranche. "Ein solches Geschäft wäre nicht durchführbar ohne die Hilfe europäischer Banken, die Obiangs Geld akzeptieren", so Palmer. "Banken sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Herkunft der Gelder ihrer Kunden zu überprüfen. Offiziell verdient Obiang zwischen 4000 und 5000 Dollar im Monat. Ich wüsste wirklich zu gern, welche Prüfungen diese Banken vornehmen, um sich zu versichern, dass sein Geld nicht aus Korruption stammt", sagte er.
Anti-Geldwäsche-Gesetze verpflichten Banken dazu, bei den Behörden Verdachtsanzeige zu erstatten, wenn sie hinter einer Finanztransaktion korrupte Quellen vermuten. Allerdings sind solche Gesetze nicht immer wirksam. In einer Untersuchung aus dem Jahr 2009 identifizierte Global Witness eine Reihe amerikanischer und europäischer Banken, durch die Teodorin Obiang zwischen 2005 und 2007 etwa 75 Millionen Dollar in die Vereinigten Staaten einschleusen konnte. Nach Erkenntnissen der Organisation gab Obiang dieses Geld in den USA für Luxusartikel aus, darunter ein Privatjet, eine Flotte von teuren Sportwagen sowie eine Villa in Kalifornien im Wert von 35 Millionen Dollar.
Eine Frage der Moral
Deutsche Politiker, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle, haben in den vergangenen Jahren gegenüber Amtskollegen aus weniger entwickelten Ländern regelmäßig die Einhaltung von Menschenrechten gefordert. Zwar sind solche Ermahnungen öffentlichkeitswirksam. Trotzdem scheint die katastrophale Menschenrechtssituation in Äquatorialguinea deutschen Geschäftsbeziehungen mit dem ölreichen Land kaum im Wege zu stehen. Seit September 2010 gibt es eine deutsche Botschaft in dem Land. Dreimal wöchentlich fliegt eine Linienmaschine der Lufthansa von Frankfurt in die Hauptstadt Malabo. Auf Anfrage waren weder das Auswärtige Amt noch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dazu bereit, die deutschen Beziehungen zu Äquatorialguinea zu kommentieren.
Es gibt derzeit kein deutsches Handelsembargo gegen Äquatorialguinea. Im Gegensatz zu Banken sind private Unternehmen in Deutschland außerdem nicht dazu verpflichtet sicherzustellen, dass die Finanzmittel ihrer Kunden legal verdient wurden. Der Verkauf von Luxusgütern an Teodorin Obiang ist daher nicht illegal. Global Witness argumentiert aber, dass Deutschland sein Geldwäschegesetz auch auf private Unternehmen ausweiten sollte.
Zur Seriosität verpflichtet?
Die Appelle der Organisation sind aber in erster Linie moralischer Natur. Ob diese bei den Herstellern von Luxusgütern Beachtung finden, ist zweifelhaft. Claus-Ehlert Meyer, Geschäftsführer des Deutschen Boots- und Schiffbauerverbands, erinnert an den Umgang mit Husni Mubarak: "Wie ist der an seine Milliarden gekommen, und wo ist die Moral Europas in dem Punkt gewesen? Soll ich als Verband moralischer sein als unsere Politiker? Das sehe ich nicht ein." Kein Autoverkäufer frage danach, ob der Mann, der ihm gegenüber stehe, ein Hehler sei, sagt Meyer. Eine Werft sei nicht verpflichtet, die Seriosität beim Geldverdienen ihrer Kunden zu überprüfen. "Und selbst wenn man einen Yachtverkauf verweigert, weil der Kunde auf schlimme Art und Weise sein Geld verdient hat, was würde es ändern? Dann geht der Kunde ins nächste Land und kauft da."
Obwohl die Firma Kusch Yacht Projekte GmbH kein Mitglied des DBSV ist, scheint man in der Wewelsflether Werft diese Ansicht zu teilen. In einer E-Mail an Global Witness bestätigte das Unternehmen, Teodorin Obiang in seiner Kundenkartei zu führen. Eine Stellungnahme gegenüber der Deutschen Welle lehnte der Geschäftsführer des Unternehmens, Mark Dethlefs, aber ab. "Die Branche, die im Mega-Yachtbau tätig ist, ist generell zu Verschwiegenheit verpflichtet, sowohl in Bezug auf einzelne Projekte als auch in Bezug auf Kunden. Mehr kann und möchte ich dazu auch nicht sagen."
Autor: Julian Bohne
Redaktion: Carolin Hebig