Flüchtlinge in der Frontstadt Freital
25. Juni 2015In Freital bei Dresden gehen die Proteste gegen die Unterbringung von Asylbewerbern in einem ehemaligen Hotel weiter. Am Mittwoch versammelten sich den dritten Abend in Folge nach Polizeiangaben rund 160 Gegner der Erstaufnahme-Einrichtung an der Zufahrt zu dem Gebäude. Zugleich fanden sich etwa 80 Demonstranten überwiegend aus dem linken Spektrum an dem früheren Hotel ein, um Übergriffe auf die Flüchtlinge zu verhindern, wie sie erklärten. Bis auf verbale Auseinandersetzungen blieb es friedlich. Während der Demonstration und unter Gejohle der Flüchtlingsheimgegner trafen 50 neue Asylbewerber ein, darunter mehrere Frauen mit kleinen Kindern.
"Aufrufe zu Gewalt gegen Personen und Sachen"
Sachsens Ausländerbeauftragter Geert Mackenroth (CDU) warf den Organisatoren der Proteste in Freital aggressive Stimmungsmache vor. "Manche Formulierungen der Rädelsführer enthalten zumindest zwischen den Zeilen Aufrufe zu Gewalt gegen Personen und Sachen", erklärte er. Das frühere Hotel in der Kreisstadt wird seit Montag als Ausweichquartier für die überfüllte zentrale Erstaufnahme-Einrichtung in Chemnitz genutzt. Die dafür vorgesehenen 280 Plätze sind bereits zu mehr als zwei Dritteln belegt. Schon seit Wochen nutzt das Landratsamt das Haus als Unterkunft für rund 100 Asylbewerber.
Schon am Montagabend waren die ersten Flüchtlinge mit Protesten empfangen worden. Am Dienstag demonstrierten rund 80 Menschen gegen die Unterbringung. Etwa 200 Menschen stellten sich ihnen nach Angaben der Polizei entgegen. Im Anschluss wurden fünf Teilnehmer der Kundgebung zum Schutz der Flüchtlinge angegriffen. Ihr Auto sei auf der Rückfahrt nach Dresden zunächst von zwei Fahrzeugen verfolgt und bedrängt worden, sagte eine Sprecherin des Operativen Abwehrzentrums (OAZ). An einer Tankstelle habe ein Angreifer in der Nacht zum Mittwoch mit einem Baseballschläger auf die Frontscheibe des Wagens eingeschlagen. Dabei sei ein Insasse leicht verletzt worden.
"Auf die Straße, Leute! Wehrt Euch!"
Am Mittwochabend trennten rund 100 Einsatzkräfte der Polizei die Lager. Auch sie seien von der Ankunft der neuen Flüchtlinge mitten im Trubel der Demonstrationen erst kurzfristig unterrichtet worden, sagte ein Polizeisprecher. Freital gilt als eine Hochburg der rechtspopulistischen Pegida-Bewegung. Schon bei der Gründung der selbst ernannten "Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes" konnte deren Mit-Initiator Lutz Bachmann auf zahlreiche Unterstützer aus dem Ort bauen. Er hatte zu den Protesten gegen die Unterkunft aufgerufen - unter anderem auf Facebook mit dem Spruch "Auf die Straße, Leute! Wehrt Euch!"
Die Migrations-Beauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, zeigte sich alarmiert über die Situation rund um das Asylbewerberheim. Ein Aufruf zur Gewalt gegen Flüchtlinge sei "in keiner Weise akzeptabel", sagte die SPD-Politikerin der "Berliner Zeitung". Deshalb sei "äußerst besorgniserregend", was in Freital passiere. "Es gibt ja vor Ort offensichtlich Menschen, die genau das wollen, aufwiegeln und eine bösartige Stimmung erzeugen. Das weckt durchaus schlimme Erinnerungen."
sti/cw (afp, dpa, epd)