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Flüchtlingsdiskussion droht zu "verrohen"

29. August 2015

Bedrohungen, Anfeindungen, Beleidigungen. Nicht nur Migranten, auch engagierte Bürger, Politiker oder Journalisten werden auf diese Weise angegriffen. Bundesinnenminister de Maizière und Vizekanzler Gabriel warnen.

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Mit einem Straßenfest hieß Heidenau die Flüchtlinge am Freitag willkommen (Foto: CTK Photo/Libor Zavoral)
Bild: picture-alliance/dpa/L. Zavoral

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hält die mit rassistischen Verbalattacken und Drohungen auch gegen Politiker ausufernde Diskussion über die Aufnahme von Flüchtlingen für höchst bedenklich. "Das Maß und die Art der Verrohung unserer Sprache und unseres Umgangs mit- und untereinander macht mir Sorgen", sagte der CDU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung" (SZ). Gerade im Internet glaubten einige, sie würden die Meinung einer schweigenden Mehrheit zum Ausdruck bringen, wenn sie gegen Ausländer hetzten oder Presse und Politik verteufelten.

Diesen Menschen könne er nur deutlich entgegenhalten: "Ich bin froh, dass dem nicht so ist, und stolz darauf, dass Deutschland ein offenes und tolerantes Land ist." Bereits am Donnerstag hatte SPD-Bundesjustizminister Heiko Maas Facebook aufgefordert, die Verbreitung von Hassbotschaften konsequenter zu stoppen.

Wüste Hasstiraden und Politikverächter

Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sieht die Entwicklung mit großer Sorge, insbesondere deshalb, weil "in der Mitte der Gesellschaft der Anteil derjenigen wächst, die Politik, Politiker und Parteien verachten". Randalierer wie im sächsischen Heidenau seien ein "Sicherheitsproblem". Aber die Politikverächter in der Mitte der Gesellschaft stellten ein demokratisches, ein tiefsitzendes gesellschaftliches Problem dar. "Dem müssen wir uns dringend widmen", mahnte der SPD-Chef.

Nach Gabriels Besuch am Montag in der Notunterkunft für Migranten in der sächsischen Kleinstadt hat die SPD-Zentrale in Berlin bis zum Ende der Woche laut "SZ" weit über tausend E-Mails mit zum Teil wüsten Beleidigungen erhalten. In mindestens 26 Fällen prüft die Partei nach eigenen Angaben eine Strafanzeige.

Auch Kanzlerin Merkel wurde bei ihrem Besuch in Heidenau übelst beschimpft (Foto: dpa)
Pfiffe, Pfui- und Buhrufe: Auch Kanzlerin Merkel wurde bei ihrem Besuch in Heidenau übelst beschimpftBild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Gabriel wies den Vorwurf zurück, er habe in Heidenau die Stimmungslage weiter angeheizt, weil er die Krawallmacher als "Pack" bezeichnet hatte. "Da gibt es gar nichts mehr anzuheizen", sagte der Bundeswirtschaftsminister. Nach Gabriel besuchte am Mittwoch auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Flüchtlingsunterkunft. Auch sie wurde von Rechtsextremen und deren Sympathisanten wüst beschimpft.

"Politik verkennt Tragweite der Flüchtlingsproblematik"

Der baden-württembergische Grünen-Politiker Alexander Bonde hielt der schwarz-roten Bundesregierung vor, die Dimension der ganzen Flüchtlingsdramatik nicht zu erkennen. Er sprach von einem "schwierigen Signal", dass der Flüchtlingsgipfel erst für Ende September terminiert worden sei. "Offensichtlich spürt man auf Bundesebene nicht die Dringlichkeit des Themas", sagte Bonde der Deutschen Presse-Agentur. Bund und Länder wollen am 24. September bei einem Spitzentreffen in Berlin über das weitere Vorgehen beraten.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig setzte sich nochmals dafür ein, die Hilfe für jugendliche Flüchtlinge auszuweiten. Es sei das "A und O", Kinder so schnell wie möglich zu integrieren und sie in Kita und Schule gehen zu lassen. "Dazu werden wir auch die Jugendmigrationsdienste mit zusätzlich sieben Millionen Euro ausbauen", kündigte die SPD-Politikerin an.

se/pg (afp, dpa, SZ)