Amos Gitai
5. Juni 2009Er ist der international bekannteste israelische Regisseur und dreht in schöner Regelmäßigkeit Dokumentar- und Spielfilme, die sich mit der Geschichte oder der Gegenwart Israels auseinandersetzen. Obwohl er im Vorjahr beim Filmfestival in Locarno für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, blieb der Filmemacher Amos Gitai in Deutschland bisher weitgehend unbekannt. Nun können sich zumindest die Besucher des Frankfurter Filmmuseums ein genaueres Bild machen.
Eigene Kriegserfahrungen im Film
Der 1950 in Haifa geborene Amos Gitai ist der Sohn einer aus Israel stammenden Mitbegründerin der Arbeiterpartei und des aus Schlesien kommenden Architekten Munio Weinraub. Mit 21 Jahren studiert Amos Gitai Architektur, zwei Jahre später nimmt er am Jom-Kippur-Krieg als Sanitäter teil. An seinem 23. Geburtstag wird sein Hubschrauber mit sieben Insassen über syrischem Gebiet von einer Rakete getroffen und muss notlanden. Amos Gitai wird schwer verletzt. Schon während des Krieges beginnt er mit einer Super-8-Kamera zu drehen. In einem seiner späteren Filme begibt er sich dann auf eine Reise zu den fünf Überlebenden des Hubschrauber-Absturzes und zu den Angehörigen der Toten.
Amos Gitai und Deutschland
In den 1980er Jahren dreht Amos Gitai viele wichtige, in Israel oft nicht gezeigte, weil umstrittene Dokumentarfilme. Die Berlinale präsentiert erste Werke Gitais, wie zum Beispiel den Film „Das Haus“. Seinen Bezug zu Deutschland hat Amos Gitai aber vor allem durch seinen Vater Munio Weinraub. Der stammt aus Schlesien und wurde in Dessau und Berlin zum Bauhaus-Schüler ausgebildet. 1934 wanderte er nach Palästina aus. Die Haltung des Vaters zu Deutschland hat dem Sohn immer imponiert.
Kritische Haltung des Vaters zu Deutschland
Amos Gitai erinnert sich heute daran, dass der Vater zu Hause Deutsch gesprochen habe, Geld zur "Wiedergutmachung" von den Deutschen aber nicht annehmen wollte. An die Bauhaus-Jahre habe er aber immer gern gedacht. Munio Weinraubs architektonischer Nachlass befindet sich in München. Die dortige Pinakothek zeigte im vergangenen Jahr die sehenswerte Ausstellung "Architektur und Film in Israel", die Amos Gitai als Filmemacher und seinen Vater als Architekten würdigte. Derzeit ist die Schau in Tel Aviv zu sehen.
Familiäre Einflüsse auf das Werk des Filmemachers
Vom Vater habe er viel über die Form gelernt, von der Mutter mit auf den Weg bekommen, wie man Geschichten erzählt, sagt Amos Gitai heute. Der ältere Bruder des Regisseurs ist ein in Israel bekannter Fotograf. In den Filmen "Kedma" und "Eden" hat sich Amos Gitai mit der Gründung des jüdischen Staates auseinandergesetzt, in "Kippur" eigene traumatische Erlebnisse über den Jom-Kippur-Krieg verarbeitet und in "Freezone" ein Schlaglicht auf das Leben in Grenzgebieten im Nahen Osten geworfen. In seinem vorletzten Film, "Trennung", hat er sich mit dem Abzug der jüdischen Siedler aus dem Gazastreifen beschäftigt.
Kritik an israelischer Politik
"Trennung" mit dem französischen Star Juliette Binoche in einer der Hauptrollen war vor kurzem in den deutschen Kinos zu sehen. Amos Gitai übt in dem Film ebenso eindeutige wie wütende, aber auch subtile Kritik an der Politik des Landes. Immer wieder stehen Juden und Nicht-Juden vor Grenzübergängen, Zäunen und Barrieren, die meist streng bewacht werden. Als Bürger Israels steht der Filmemacher Amos Gitai oft im Widerspruch zur offiziellen Politik der Regierung. Dass sein Land mit dieser Kritik umgehen könne, sei aber eine gute Sache, sagt der Filmemacher. Deshab werde er seine Arbeit auch unbeirrt fortführen.
Autor: Jörg Taszman
Redaktion: Jochen Kürten