FIFA ficht CAS-Urteil zu Yves Jean-Bart an
21. März 2023"Nach der sorgfältigen Prüfung des CAS-Urteils ist die FIFA der Meinung, dass dieses Urteil einige sehr schwerwiegende formelle und materielle Mängel aufweist, einschließlich des Versäumnisses des Schiedsgerichts, wichtige von der FIFA angebotene Beweismittel in Erwägung zu ziehen." So begründet der Weltfußballverband FIFA seine Beschwerde vor dem Schweizer Bundesgericht gegen das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS), mit dem im Februar die lebenslange Sperre von Yves Jean-Bart wegen Mangels an Beweisen aufgehoben worden war.
Die FIFA hatte den ehemaligen Präsidenten des haitianischen Fußballverbands (FHF) im November 2020 des sexuellen Missbrauchs und der Belästigung junger Fußballerinnen in Haiti für schuldig befunden. Der Weltverband hatte Jean-Barts Verhalten seinerzeit als "Schande für jeden Fußballfunktionär" bezeichnet.
Zeugenschutz?
Jean-Bart hatte dem CAS 66 Zeugen benannt, um die Vorwürfe gegen ihn zu entkräften. 21 von ihnen waren zur CAS-Anhörung erschienen, hingegen nur eine Zeugin, die nach eigenen Angaben zu den Opfern des Funktionärs gehört hatte. Der CAS unterstrich, dass der Zeugenschutz "zu jeder Zeit" gewährleistet gewesen sei. "Alle Zeuginnen und Zeugen, die dies wünschten, konnten von einem sicheren und geheimen Ort aus, ohne Video, per verschlüsseltem Telefon, mit einer durch Verzerrung veränderten Stimme und in Anwesenheit einer vertrauenswürdigen Person des CAS aussagen", so der Sportgerichtshof.
Die internationale Gewerkschaft der Profifußballerinnen und -fußballer (FIFPRO) und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, die in dem Verfahren die FIFA mit Beweismaterial versorgt hatten, widersprachen dieser Darstellung. "Bei der CAS-Anhörung gab es keine Stimmenverzerrung", erklärte Human Rights Watch unmittelbar nach dem Urteil. Vielmehr seien Betroffene aufgefordert worden, "ohne sinnvollen Schutz ihrer Identität auszusagen. Verständlicherweise waren viele damit nicht einverstanden."
Human Rights Watch: Wiederwahl Jean-Barts verhindern
Jean-Bart bestreitet nach wie vor die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und will auf den FHF-Präsidentenposten zurückkehren. "Meine Feinde versuchen weiterhin, mich mit allen Mitteln zu schlagen", sagte Jean-Bart nach dem CAS-Urteil. Die FIFA hatte 2020 eine Kommission eingesetzt, die den haitianischen Verband noch bis kommenden November leiten soll. Erst dann sind Neuwahlen möglich, auch für das Amt des Präsidenten.
Human Rights Watch forderte die FIFA auf, dafür zu sorgen, dass Jean-Bart nie wieder als Präsident kandidieren könne. "Die Beschwerde der FIFA gegen das CAS-Urteil, mit dem Jean-Bart freigesprochen wurde, ist ein kleiner, aber wichtiger Sieg für die Betroffenen im Fußball", sagte Minky Worden, Direktorin der Menschenrechtsorganisation, der DW. Sie appellierte an die FIFA, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein: "Die FIFA hat die Bedingungen geschaffen, die Jean-Bart an die Macht gebracht haben, und er hat diese Macht genutzt, um ein System der Ausbeutung im haitianischen Verband einzurichten. Neben der Beschwerde beim CAS, die Jean-Bart immer noch manipulieren kann, kann und sollte die FIFA ihn und seine Handlanger auf der Grundlage der von der FIFPRO und Human Rights Watch gesammelten umfangreichen Missbrauchsberichte von allen Führungspositionen ausschließen."
In Haiti läuft auch noch ein Strafverfahren gegen Jean-Bart. Außerdem ermittelt dem Vernehmen nach das US-Justizministerium gegen ihn wegen des Vorwurfs des Menschenhandels und Visumbetrugs.
Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.