Femen-Aktivistinnen stören Woody Allen-Konzert
12. Juli 2017Die 2.100 Plätze der Elbphilharmonie sind ausverkauft, für rund 200 Euro pro Karte lauscht das wohlsituierte Hamburger Publikum den Jazzklängen des Nicht-nur-Regisseurs, sondern auch Hobby-Musikers Woody Allen. Zuvor hatte er gemeinsam mit seiner "New Orleans Jazz Band" bereits unter anderem in London, Lissabon und Kopenhagen gespielt - die zwei Konzerte in Hamburg bildeten den Abschluss der diesjährigen Europa-Tour.
Die Kombo spielt gerade einmal 20 Minuten, da stürmen schreiend zwei barbusige Frauen die Bühne, die Oberkörper mit Parolen beschrieben, Blumenkränze in den Haaren - offensichtlich Femen-Aktivistinnen, eine in der Ukraine gegründete internationale Frauen-Bewegung, bekannt für "Oben-ohne-Aktionen". Das Publikum stimmt ein Pfeifkonzert an, das Sicherheitspersonal ist überfordert und fast hilflos. Zaghaft läuft es hinter den energischen Frauen hinterher, versucht sie von der Bühne zu ziehen. Schließlich gelingt das mit mehreren Mann, wie ein Amateurvideo, veröffentlicht von BILD-Online, zeigt.
Woody Allen sitzt Protest aus
Währenddessen sitzt der 81-jährige Woody Allen stoisch auf der Bühne, plaudert mit einem Bandkollegen und wartet unaufgeregt ab. Die Aktivistinnen sind noch nicht einmal ganz von der Bühne geschleift, da spielt die Band bereits weiter, als ob es eine musikalische Untermalung der verstörenden Szene wäre.
Hintergrund ist ein 25 Jahre alter Vorwurf von Woody Allens Adoptivtochter Dylan, der Regisseur hätte die damals Siebenjährige sexuell missbraucht. Seitdem steht diese Aussage im Raum. Die Untersuchungsbehörden konnten damals allerdings keine Beweise für die geschilderten Übergriffe feststellen, auch ein rechtsmedizinisches Gutachten kam zu keinem Ergebnis. Der Staatsanwalt hingegen hatte die Vorgehensweise der Gutachter als unzureichend bezeichnet, jedoch zum Wohle des Kindes auf ein Strafverfahren gegen Allen verzichtet. Allerdings wurde dem US-Star das Sorgerecht entzogen.
Offener Brief der Adoptivtochter
Vor drei Jahren wurden die Missbrauchsvorwürfe erneut angefacht, als sich die heute 31-jährige Dylan Farrow, die den Nachnamen der Mutter und Allens Exfrau Mia Farrow trägt, erstmals öffentlich äußerte. 2014 veröffentlichte sie zudem einen offenen Brief auf der Webseite der New York Times. Eben diesen wollten die Femen-Aktivistinnen vorlesen - dazu kam es nicht. Stattdessen verteilten sie nach dem Konzert Handzettel an die Besucher, ihre Aktion habe nicht "um Ihnen den Abend zu verderben" stattgefunden, sondern "um den Opfern von sexueller Gewalt eine Stimme zu verleihen".
In einer Erklärung, die der BILD-Zeitung vorliegt, schreiben die Aktivistinnen: "Auch wenn der Fall Jahrzehnte zurück liegt, leidet Dylan noch immer. Missbrauch hinterlässt geschundene Körper und verletzte Seelen. Woody Allen ist nicht nur der neurotische und charmante Regisseur, Schauspieler und Musiker, sondern ein Vater, der auch gern seine Finger in seine Tochter steckt. Daran möchten wir die Welt und das jazzafine Publikum erinnern."
Die Behauptung der Aktivistinnen ist nach wie vor unbelegt. Woody Allen selbst hatte den Vorwurf immer zurückgewiesen. Laut dem schleswig-holsteinischen Newsportal "SHZ" kommentierte der US-Schauspieler und Musiker den Auftritt der Femen in der Elbphilharmonie als "Blödsinn". Er kündigte an, dass er am Mittwochabend (12.7.17) wie geplant erneut in der Elbphilharmonie spielen wolle.
nw/suc (dpa/BILD.de/ndr.de)