Fall Hoeneß setzt Topmanager unter Druck
14. März 2014Audi, Adidas, Allianz: Hinter dem FC Bayern (FCB) stehen nur deutsche Top-Marken. Die genannten drei - der Automobilhersteller Audi AG, das Sportartikelunternehmen Adidas AG und die Versicherung Allianz SE - halten je rund acht Prozent der Aktien des Fußballklubs. Dreiviertel der Aktien hält der Verein selbst, über eine Fußball-AG, deren Aufsichtsratschef der 62-jährige Uli Hoeneß bis zu seinem Rücktritt war. Deutsche Telekom, HypoVereinsbank und VW sind die Hauptsponsoren.
Nach der Verurteilung von Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung von mehr als 27 Millionen Euro und seinem Rücktritt als FCB-Präsident stellt sich nun die Frage, ob auch das Image seiner engsten Kooperationspartner beschädigt ist. "Compliance", also die Einhaltung gewisser Spielregeln in der Öffentlichkeit zum Unternehmenswohl, heißt hier das Schlagwort.
"Kraftvolle Entscheidungen" gefragt
Die Vorstände der beteiligten Topunternehmen sind nun auch die, die über eine Neuausrichtung nachdenken müssen. "Indem er seinen Rücktritt nicht nur angeboten, sondern vollzogen hat, hat Uli Hoeneß den deutschen Managern, die sich feige bedeckt gehalten haben bis zur heutigen Stunde, gezeigt, was eine kraftvolle Entscheidung ist", sagt Manuel Theisen, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Münchener Ludwigs-Maximilians-Universität.
Das verdiene vollen Respekt. "Er hat den Herren der Dax-Etagen, Adidas, Telekom, VW, Audi und Hypo vorgemacht, wie man schnell, richtig und zügig handelt. Nun sitzen sie wie begossene Pudel im Aufsichtsrat und müssen zusehen, wie sie den Laden wieder sortieren."
Topmanager unter Handlungszwang
Die Aufsichtsratsliste des FCB liest sich wie das Who's Who der deutschen Wirtschaft: Herbert Hainer, der Adidas-Chef, sitzt dort neben Audi-Vorstand Rupert Stadler, Telekomvorstand Timotheus Höttges und VW-Chef Martin Winterkorn. Ein Vertreter der Allianz, die erst in diesem Februar ihr Aktienpaket erworben hatte, sollte 2015 gewählt werden. Hainer soll nun an Hoeneß' Stelle zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt werden.
Bislang hatten sich die Unternehmen zum laufenden Steuerprozess nicht geäußert. Im Januar vergangenen Jahres, als Uli Hoeneß sich selbst anzeigte, hatte ihm der Aufsichtsrat den Rücken gestärkt und einen Rücktritt ausgeschlossen.
Noch vor wenigen Tagen hatte sich Theodor Weimer, Chef des FCB-Sponsors HypoVereinsbank, über die "Sensationslust" in der Berichterstattung über den Fall Hoeneß negativ geäußert: "Ich gehe keine Nanosekunde davon aus, dass das Verhältnis zwischen dem FC Bayern und uns durch die Causa Hoeneß in welcher Weise auch immer beeinflusst wird", hatte Weimer noch am Mittwoch (13.03.2014) erklärt. Die HypoVereinsbank arbeitet seit einer Dekade mit dem FCB zusammen, bietet sogar Spar- und Kreditkarten eigens für Bayernfans an.
Zwischen Lehenstreue und Imageschaden
Ein folgenschwerer Fehler, wie Theisen feststellt: "Die Unternehmen haben sich mit ihren Compliance-Richtlinien lächerlich gemacht." Sie hätten die Entscheidung gegen Hoeneß "nicht verzögert, sondern sie einfach nicht getroffen. Das ist für ein Management ein schwerer Vorwurf!" Jetzt allerdings funktioniere das "Weggehen, Wegducken und Verschweigen" nicht mehr. Mit seinem Rücktritt habe Uli Hoeneß die richtigen und unbedingt nötigen Konsequenzen aus der Steueraffäre gezogen.
Die Unternehmen allerdings hätten bereits im Vorfeld die ständige Diskussion ihrer Namen im Zusammenhang mit einem bekennenden Steuerbetrüger vermeiden können, so Theisen zur DW. "Das haben sie nicht getan. Deswegen glaube ich schon, dass die Marken noch lange mit dem Etikett 'Hoeneß, Bayern, Steuerhinterziehung' leben müssen." Und dies sei ein gravierender, wenn auch schwer in Euro und Cent umzusetzender wirtschaftlicher Schaden.