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Faktencheck: Drei Mythen über HIV und Aids

Uta Steinwehr
1. Dezember 2023

Seit rund 40 Jahren sind HIV und Aids bekannt. In der Forschung hat sich einiges getan - und trotzdem gibt es viel Unwissen und Unsicherheit. Manche Mythen halten sich hartnäckig.

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Nahaufnahme eines jungen Mannes, der ein Kondom mit der Abbildung einer roten Aids-Schleife darauf aus der Tasche seiner Jeans zieht
Kondome verhindern bei richtiger Anwendung, dass HIV beim Sex übertragen wirdBild: picture alliance/Zoonar

Behauptung: Noch immer ist die Ansicht verbreitet, dass man einer Person eine HIV-Infektion ansehen kann. Damit verbunden ist zum Beispiel die Vorstellung, eine infizierte Person sei abgemagert. In sozialen Netzwerken teilen sehr dünne Menschen die Erfahrung wegen ihres Körperbaus gefragt zu werden, ob sie HIV-positiv seien. Und HIV-Positive berichten davon, dass sie wiederholt zu hören bekommen, sie sähen gar nicht so aus, als hätten sie HIV. 

DW-Faktencheck: Falsch.

"HIV sieht man nicht", stellt Holger Wicht klar, Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe, ein Dachverband für Organisationen, die sich für Menschen mit HIV/Aids einsetzen. "Wenn man sich mit HIV infiziert, passiert erstmal viele Jahre nur etwas im Körper, was nach außen gar nicht sichtbar ist." Nur in den ersten Wochen nach der Infektion kann es - aber muss nicht - zu grippeähnlichen Symptomen kommen, die dann wieder abklingen.

Manchen Menschen könne man eine lange Krankengeschichte ansehen, sagt Wicht. Er beschreibt, dass früher Medikamente gegen das HI-Virus den Körper veränderten und es beispielsweise dazu führte, dass das Fettgewebe in den Wangen eingesunken sei. Der Sprecher der Deutschen Aidshilfe betont aber: Bilder, die man von Aids-kranken Menschen gesehen hat, dürfe man nicht gleichsetzen mit der Infektion. "Aids ist eine schwere Erkrankung, die auftritt, wenn HIV nicht behandelt wird. Das sind zwei völlig verschiedene Dinge. Aids ist das Endstadium, HIV ist die Infektion und die Infektion sieht man nicht."

Auch UNAIDS, das Programm der Vereinten Nationen für HIV/Aids, betont: "Eine mit HIV infizierte Person kann gesund aussehen und sich gut fühlen, aber dennoch das Virus weitergeben." Ausschließlich ein Test könne Sicherheit geben.

Mythen erschweren Kampf gegen HIV

Behauptung: Alle Menschen mit HIV seien infektiös, denken immer noch Einige. "Die meisten Menschen glauben immer noch, dass HIV immer übertragbar ist - also wenn ein Mensch das hat, dass es dann auch übertragbar ist", sagt auch Holger Wicht von der Deutschen Aidshilfe. 

DW-Faktencheck: Falsch.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt klar: "Menschen mit HIV, die in antiretroviraler Therapie sind und deren Virenlast nicht nachweisbar ist, übertragen HIV nicht an Sexualpartner." 

Die Medikamente verhindern, dass sich die HI-Viren im Körper vermehren. Die Virenlast wird dadurch reduziert -  teils sogar so stark, dass sie mit herkömmlichen Tests nicht mehr nachweisbar ist. Dann ist auch zu wenig Virus im Körper vorhanden, um Sexualpartner beim Geschlechtsverkehr anstecken zu können. Die WHO weist aber daraufhin: "Dieser Zustand der Virenunterdrückung kann sich umkehren, wenn eine Person den Zugang zu den Medikamenten verliert oder sie nicht wie vorgeschrieben einnimmt."

Nach Angaben von UNAIDS lebten 2022 rund 39 Millionen Menschen auf der Welt mit HIV. 71 Prozent davon hatten mit antiretroviraler Therapie (ART) entweder eine nicht mehr nachweisbare Virenlast erreicht. Oder die Virenlast war zumindest so stark reduziert, dass HI-Viren zwar noch nachweisbar waren, aber auf so einem geringen Niveau, dass die Weltgesundheitsorganisation bereits davon ausgeht, das Risiko einer Übertragung bei ungeschütztem Sex sei "fast null oder vernachlässigbar".

An einer Hand wird eine Blutprobe genommen. Dazu wird die Kuppe des Zeigefingers von zwei Händen mit Latexhandschuhen gedrückt, so dass ein kleiner Blutstropfen entsteht.
Ob jemand mit dem HI-Virus infiziert ist, lässt sich mithilfe eines Bluttests herausfinden (Archivbild)Bild: Abdelhak Senna/AFP/Getty Images

Behauptung: Der Glaube, sich leicht im Alltag anstecken zu können, ist noch sehr verbreitet. Das zeigt sich beispielsweise in Studien. In verschiedenen Ländern wurden Teilnehmende gefragt: "Würden Sie frisches Gemüse von einem Ladenbesitzer kaufen, wenn sie wüssten, diese Person hat HIV?" In Indonesien beispielsweise antworteten im Jahr 2017 (zuletzt verfügbare Daten) 62,6 Prozent der befragten 15- bis 49-Jährigen mit Nein. 

Asep Eka Nur Hidayat, Leiter des Länderprogramms für Indonesien von der internationalen Nichtregierungsorganisation AIDS Healthcare Foundation (AHF), schreibt der DW: Das Bewusstsein für HIV/Aids steige zwar. Aber "ein Teil der indonesischen Bevölkerung ist immer noch nicht darüber informiert, wie HIV übertragen wird" und glaube: Man kann sich leicht mit HIV infizieren.

DW-Faktencheck: Falsch.

Es ist sehr gut erforscht, wie HIV sich verbreitet: Zwischenmenschliche Kontakte im Alltag gehören nicht dazu. "Der hauptsächliche Weg, sich anzustecken, ist die sexuelle Übertragung, in anderen Worten: enger sexueller Kontakt", so Adrian Puren, Direktor am Nationalen Institut für übertragbare Krankheiten (NICD) in Südafrika. Das Land ist eines der am stärksten von HIV betroffenen, laut UNAIDS ist unter den 15- bis 49-Jährigen jeder Fünfte bis Sechste HIV-positiv

"Ansonsten geschehen Ansteckungen in Situationen, in denen man Blutprodukten ausgesetzt ist." Zum Beispiel über benutzte, verunreinigte Nadeln im medizinischen Bereich und beim Drogenkonsum oder theoretisch über Bluttransfusionen. Blutspenden werden aber meist gut untersucht, bevor sie weiterverwendet werden. Laut WHO in Staaten mit einem hohen Einkommen in 99,8 Prozent der Fälle, in Niedriglohnländern werden 76 Prozent der Spenden untersucht.

Der dritte relevante Weg ist laut Puren die Ansteckung von Mutter zu Kind. Wenn die Frau infiziert ist, kann sie das Virus während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder beim Stillen übertragen. Aber auch in diesem Fall kann das Risiko einer Ansteckung durch Medikamente, die die Schwangere und gegebenenfalls das Erstgeborene einnehmen, drastisch reduziert werden. Laut der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC kann das Übertragungsrisiko dann auf weniger als ein Prozent sinken.

Der Behörde zufolge kann HIV nur über bestimmte Körperflüssigkeiten übertragen werden. Dazu gehören Blut, Samenflüssigkeit, Flüssigkeiten aus der Vagina oder dem Mastdarm und Muttermilch. "HIV überlebt nicht lange außerhalb des menschlichen Körpers (zum Beispiel auf Oberflächen) und kann sich außerhalb des menschlichen Wirts nicht vermehren", schreibt die CDC. 

Die Weltgesundheitsorganisation betont, man könne sich nicht anstecken durch alltägliche Kontakte: Etwa Händeschütteln, Umarmungen, Küsse oder wenn man sich Gegenstände, Essen oder Wasser teilt. Auch die CDC informiert, dass es kein Ansteckungsrisiko gibt, wenn man etwas isst, das von einer HIV-positiven Person verarbeitet wurde. "Die einzigen bekannten Fälle sind bei Säuglingen zu verzeichnen. Zu einer Kontamination kommt es, wenn die Betreuungsperson Nahrung vorkaut und sich dabei Blut aus dem Mund vermischt und ein Säugling dies isst." 

Von Speichel, Tränen, Schweiß geht kein Ansteckungsrisiko aus. HI-Viren werden auch nicht über Luft oder über Toilettensitze übertragen.

Mitarbeit: Ines Eisele