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Fair wie Per

Joscha Weber21. Juni 2014

Kaum ein Innenverteidiger kommt mit weniger Fouls aus als Per Mertesacker. Der deutsche Abwehrchef hat sich nach Rückschlägen zurückgekämpft und geht selbstbewusst in sein 100. Länderspiel gegen Ghana.

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Per Mertesacker bei einer Pressekonferenz (Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Intensiv geführt war sie ja, die Partie Iran gegen Deutschland im Oktober 2004, schön anzusehen aber war sie nicht. Insgesamt zwölf Wechsel auf beiden Seiten verhinderten im Teheraner Azadi-Stadion jeden Spielfluss, verhalfen aber einem jungen Verteidiger zu seinem Länderspieldebüt: Per Mertesacker wurde vom damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann in der 81. Minute eingewechselt und durfte wenig später vor 110.000 Zuschauern über den 2:0-Sieg für die DFB-Elf jubeln. "Wir haben unglaublich viel Qualität in dieser Mannschaft, hier wächst etwas zusammen", sagte Klinsmann damals.

Knapp zehn Jahre später ist ihm Per Mertesacker noch immer dankbar für diese Chance: "Jürgen Klinsmann war die Person, die einer ganz jungen Generation das Vertrauen geschenkt hat, die immer noch dabei ist." Noch immer strahlt der inzwischen 29-jährige Innenverteidiger, wenn er sich an jenen Abend in Teheran erinnert. "Ein ganz besonderes Ereignis, das Spiel war unglaublich. Das war eine Reise ins Unbekannte, ich konnte noch gar nicht absehen, wohin sie gehen wird." Sie führte ihn zu drei Welt- und zwei Europameisterschaften und zu bisher 99 Länderspielen.

Im zweiten deutschen WM-Spiel gegen Ghana (21.6.2014 ab 21 Uhr im DW-Liveticker) steigt er auf in den "Kreis der Hunderter", als 13. Spieler in der DFB-Geschichte. Vom jungen Einwechselspieler zum allseits respektierten Abwehrchef - der Weg von Per Mertesacker war ein mustergültiger und doch auch kein leichter.

Ronaldo und Per Mertesacker im Duell beim Spiel Deutschland gegen Portugal während der WM 2014 (Foto: REUTERS/Marcos Brindicci)
Per Mertesacker braucht auch Weltstars, wie hier Crstiano Ronaldo, nicht zu fürchten - seine Klasse steht für sichBild: Reuters

Die EURO 2012 als Tiefpunkt und Schlüsselmoment

"Mich haben nach der EM 2012 viele schon abgeschrieben", erinnert sich der 1,98-Meter-Schlaks heute an seinen beruflichen Tiefpunkt. Nicht eine Minute ließ ihn Bundestrainer Löw in der Ukraine und in Polen spielen. "Ich bin kein Auslaufmodell", sagte Mertesacker damals kämpferisch - und sollte Recht behalten. "Ich musste mich neu beweisen. Das waren für mich Schlüsselmomente, in denen ich an mich glauben und mich zurückkämpfen musste."

Er tat es. Beim FC Arsenal, für den er seit 2011 spielt, reifte er unter Trainer Arsène Wenger zu einer echten Führungspersönlichkeit. Mertesacker zieht in der deutschen Abwehr die Fäden, gibt Kommandos und ist auch im Training der Motivator für seine Mitspieler. Schon lange ist er im Mannschaftsrat der Nationalelf und will dennoch von Altersweisheit nichts wissen: Die jungen Spieler könnten nicht nur von ihm lernen, sondern er auch von den jungen Spielern, sagt er. "Sie bringen eine gewisse Frische und neue Impulse rein. Auch wenn man schon ein bisschen älter und erfahrener ist, bekommt man durch sie neue Ideen. Da kann ich mir noch ein bisschen was abgucken."

Von jungen Spielern lernen

Per Mertesacker macht damit auch deutlich, dass er in den Phasen, in denen er nicht vom Bundestrainer berücksichtig wurde, gelernt hat, sich zu hinterfragen: "Die jungen Spieler stellen einen auf die Probe: Bin ich noch so gut, kann ich noch mithalten, kann ich dieses Tempo noch gehen?" Bisher kann er es ziemlich gut. Mit Übersicht, Erfahrung und sehr gutem Stellungsspiel hielt Per Mertesacker gemeinsam mit Mats Hummels das Abwehrzentrum im Spiel gegen Portugal dicht, leistete sich keinen Fehler.

In seinem 100. Länderspiel muss sich Mertesacker aber möglicherweise wieder an einen neuen Partner in der Innenverteidigung gewöhnen. Mats Hummels laboriert weiter an einer Oberschenkelverletzung und konnte auch beim letzten Mannschaftstraining vor der Abreise zum Spielort Fortalezza nicht mitmachen, saß stattdessen auf dem Ergometer. "Wir waren dabei, uns zu finden und uns zu vertrauen", beschreibt Mertesacker das Zusammenspiel mit Hummels. "Ich hoffe, dass er spielen kann und dass wir das weiter ausbauen können, was wir gegen Portugal begonnen haben. Eine Umstellung würde ein kleines Fragezeichen bringen."

Sportliches Vorbild mit sozialen Engagement

Ein Ausrufezeichen darf man hinter Mertesackers Sportsgeist setzen. Kaum ein Innenverteidiger geht so fair zu Werke wie der gebürtige Hannoveraner. In seinen bisher 99 Länderspielen kassierte er nur eine gelbe Karte. Einen Platzverweis leistete er sich im DFB-Trikot noch nie.

Mertesacker, der mit seiner Stiftung sozial benachteiligte Kinder fördert, ist in vielerlei Hinsicht ein Vorbild-Verteidiger, der noch lange nicht genug hat: "Auch wenn ich jetzt schon etwas in die Jahre komme: Ich möchte noch das ein oder andere Highlight erleben." Der WM-Titel in Brasilien wäre da doch schon mal ein guter Anfang.