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Fahrplan zur Deeskalation beschlossen

12. Februar 2015

In der Ukraine sollen ab Sonntag die Waffen ruhen. Das ist das Kernergebnis des Minsker Gipfels. Die Staats- und Regierungschefs Russlands, der Ukraine, Deutschlands und Frankreichs hatten 17 Stunden verhandelt.

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Die Teilnehmer des Gipfels in Minsk (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Grigory Dukor

Der nächtliche Verhandlungsmarathon in der weißrussischen Hauptstadt hat sich gelohnt: Die Teilnehmer einigten sich beim Ukraine-Krisengipfel auf eine Waffenruhe für das Kriegsgebiet Donbass. Sie soll nach Angaben von Kremlchef Wladimir Putin und der Bundesregierung ab Sonntag 0.00 Uhr Ortszeit gelten. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko teilte mit, dass das ukrainische Militär und die prorussischen Separatisten zwei Tage nach Beginn der Waffenruhe ihre schweren Waffen aus den Kampfgebieten abziehen sollen. Laut Putin soll der Abzug nicht länger als zwei Wochen dauern. Die ukrainische Armee müsste ihre Waffen von der Frontlinie abziehen, für die Aufständischen gelte die Linie vom 19. September 2014. Diese war in den ersten Minsker Vereinbarungen festgelegt worden. Die Rebellen waren seitdem weit über diese Linie hinaus vorgerückt.

Geplant ist jetzt die Einrichtung eines 50 Kilometer breiten, entmilitarisierten Korridors. Zudem sollen binnen der kommenden 19 Tage alle Gefangenen ausgetauscht werden. Zudem sei vereinbart worden, dass alle ausländischen Militärs ukrainisches Hoheitsgebiet zu verlassen hätten. Bis zum Jahresende soll die Ukraine die vollständige Kontrolle über die Grenze zu Russland übernehmen. Derzeit werden weite Teile des Grenzverlaufs von prorussischen Rebellen beherrscht.

Merkel: "Ein Hoffnungsschimmer"

Bundeskanzlerin Angela Merkel dämpfte Hoffnungen, die Krise sei nun ausgestanden. "Wir haben keine Illusion: Es ist noch sehr, sehr viel Arbeit notwendig." Es gebe aber eine "reale Chance, die Dinge zum Besseren zu wenden", sagte Merkel nach den Verhandlungen, zu denen sie mit dem französischen Präsidenten Francois Hollande vor einer Woche den Anstoß gegeben hatte. Hollande ergänzte, die Vereinbarung nähre eine "ernstzunehmende Hoffnung, auch wenn noch nicht alles erreicht ist". Merkel und Hollande reisten nach dem Minsker Beratungen zum EU-Gipfel nach Brüssel, der sich ebenfalls mit dem Ukraine-Konflikt beschäftigt.

Seit Mittwochabend hatten Poroschenko, Merkel, Putin und Hollande nach Wegen gesucht, die eskalierenden Gefechte zu stoppen. Parallel dazu traf sich in Minsk die Kontaktgruppe mit Repräsentanten der prorussischen Rebellen. Die Kontaktgruppe bilden Vertreter der Ukraine, Russlands und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Garantie für Souveränität

Nach Angaben des russischen Präsidialamtes werden in der Minsker Abschlusserklärung auch die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine garantiert. Damit wird eine zentrale Forderung nicht nur der Ukraine, sondern auch westlicher Staaten erfüllt. Merkel hatte gewarnt, das gewaltsame Verändern von Grenzverläufen stelle die europäische Friedensordnung in Frage. Allerdings hat Russland bereits mit der Annexion der Halbinsel Krim eine Gebietserweiterung auf Kosten der Ukraine vollzogen.

Putin betonte weiter, die Ukraine müsse eine Verfassungsreform vornehmen, damit die Rechte der Menschen in den östlichen Landesteilen respektiert würden. Das russische Staatsoberhaupt vertritt die Interessen der Separatisten, die selbst nicht an den Minsker Friedensgesprächen beteiligt waren. Ungewiss blieb zunächst, ob sich Poroschenko auf die Separatisten zubewegt hat. Bisher hatten es die Rebellen abgelehnt, erobertes Gebiet aufzugeben und sich auf frühere Positionen zurückzuziehen. Merkel und Hollande strichen heraus, Putin habe auf die Separatisten Druck ausgeübt, damit sie in die Vereinbarungen einwilligten. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen hatten sich die Separatisten zunächst geweigert, dem Kompromiss zuzustimmen. Hollande bestätigte jedoch, auch sie hätten schließlich das Abkommen unterzeichnet.

Russischer Waffennachschub

In der Ukraine wurde zuletzt vor allem um den strategisch wichtigen Eisenbahn-Knotenpunkt Debalzewe erbittert gekämpft. Unklar ist, ob beide Seiten bis zum Beginn der Waffenruhe versuchen dürfen, weitere Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen. Ein Militärsprecher in Kiew sagte, über Nacht seien erneut schwere Waffen aus Russland im Osten der Ukraine eingetroffen. Rund 50 Panzer und 40 Raketensysteme hätten die Grenze passiert.

Die Ukraine, Russland, Deutschland und Frankreich wollen nun ein Aufsichtsgremium einsetzen, um die Umsetzung des Minsker Abkommens für die Ostukraine vom September zu kontrollieren. "Die Staats- und Regierungschefs fühlen sich der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen weiter verpflichtet. Zu diesem Zweck vereinbaren sie die Schaffung eines Aufsichtsmechanismus im Normandie-Format, der in regelmäßigen Abständen zusammentreten wird, und zwar in der Regel auf der Ebene hoher Beamter der Außenministerien", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

USA bleiben skeptisch

Die USA reagierten abwartend auf den vereinbarten Plan für den Osten der Ukraine. Das Weiße Haus begrüßte die Übereinkunft zwar als "möglicherweise bedeutsamen Schritt" hin zu einer friedlichen Lösung des Konflikts. Nun müssten alle Seiten ihren Verpflichtungen aber mit "unverzüglichen, konkreten Schritten" nachkommen. Der Sprecher von Präsident Barack Obama, Josh Earnest, rief Russland in einer schriftlichen Erklärung auf, seine Unterstützung für die Separatisten einzustellen. Russische Einheiten müssten aus dem Kampfgebiet abgezogen werden. Man sei besorgt über die neuen Gefechte, die dem "Geist des Abkommens" zuwiderliefen.

kle/uh (rtr, afp, dpa)