Facebook-Skandal trifft Millionen EU-Bürger
7. April 2018Nur scheibchenweise legt Facebook den Umfang seines Datenskandals offen. Jetzt bestätigte das Netzwerk in einem Brief an die EU-Kommission, dass die persönlichen Daten von bis zu 2,7 Millionen EU-Bürgern möglicherweise "in unangemessener Weise" an die britische Analysefirma Cambridge Analytica weitergegeben worden sind.
EU-Kommission mit den Antworten nicht zufrieden
Zuvor hatte die EU-Kommission in Brüssel Facebook eine zweiwöchige Frist gesetzt, um einen Fragenkatalog zu beantworten. Die Antworten würden nun geprüft, aber es zeichne sich bereits ab, dass weitere Gespräche mit dem Internetkonzern nötig seien, sagte ein Sprecher. Justizkommissarin Vera Jourova werde in der kommenden Woche mit Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg telefonieren, kündigte er an. Außerdem will die EU strengere Vorschriften zum Schutz persönlicher Daten in sozialen Netzwerken erlassen. Konzernen könnten dann bei Verstößen empfindliche Geldbußen drohen.
Weitere Datenlecks?
Am Freitag wurde zudem bekannt, dass Facebook schon vor zweieinhalb Jahren über den Datenverlust informiert worden war. Cambridge Analytica habe dem US-Konzern damals versichert, dass die Daten gelöscht worden seien, sagte Sandberg dem US-Radiosender NPR. Facebook habe sich daraufhin nicht weiter um die Angelegenheit gekümmert. Allerdings könne der Internetkonzern nicht ausschließen, dass es weitere Datenlecks gegeben habe, räumte Sandberg im US-Fernsehsender NBC ein.
Das Unternehmen steht durch den Skandal um die mutmaßliche Abschöpfung der Daten von bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzern weltweit durch die britische Datenanalysefirma unter massivem Druck. Cambridge Analytica hatte die Nutzerdaten mittels einer App mit einem Persönlichkeitstest abgefischt. Durch die App erlangte die Firma auch Zugriff auf die Daten von Facebook-"Freunden" der Testteilnehmer. Es besteht der Verdacht, dass diese Daten unter anderem zur Wählerbeeinflussung bei der US-Präsidentschaftswahl 2016 benutzt wurden.
Facebook verschärft Regeln für Werbung mit politischem Inhalt
Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat sich bereits für den Datenmissbrauch entschuldigt und eine Reihe von Reformen in dem Onlinenetzwerk angekündigt. Nun will das Unternehmen auch Werbeanzeigen mit politischen Inhalten strenger kontrollieren. Bei entsprechenden Beiträgen müsse künftig ausgewiesen werden, wer für die Werbung bezahlt, erklärte Zuckerberg. Zudem würden der Standort und die Identität des Auftraggebers verifiziert. Anzeigen im Zusammenhang mit wichtigen politischen Debatten müssen nach Angaben des US-Internetkonzerns künftig eindeutig als "politische Werbung" gekennzeichnet werden.
Die Maßnahmen könnten Missbrauch nicht gänzlich verhindern, sagte Zuckerberg. Doch es werde schwerer, gefälschte Facebook-Konten und Seiten für die Verbreitung von Werbung zu nutzen - "was die Russen während der Wahl 2016 getan haben". Der Kreml sieht sich immer wieder mit Vorwürfen über Manipulationsversuche im Präsidentschaftswahlkampf zwischen Donald Trump und Hillary Clinton konfrontiert. Moskau weist die Anschuldigungen zurück.
Facebook will laut Zuckerberg "tausende neue Mitarbeiter" einstellen, um die neuen Kontrollen vor der US-Kongresswahl im November umzusetzen. "Wir beginnen in den USA und weiten es in den kommenden Monaten auf den Rest der Welt aus", sagte er. Mit Blick auf die "bevorstehenden wichtigen Wahlen in den USA, Mexiko, Brasilien, Indien, Pakistan und weiteren Ländern" habe es für ihn Priorität, Versuche der Einflussnahme zu unterbinden.
se/gri (afp, dpa, rtr)