EZB lässt Leitzins im Euroraum erneut unverändert
14. Dezember 2023Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt die Zinsen im Euroraum zum zweiten Mal in Folge unverändert. Der Leitzins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, bleibt nach einer Entscheidung des EZB-Rates bei 4,5 Prozent, wie die Währungshüter am Donnerstag in Frankfurt mitteilten. Die Inflation im gemeinsamen Währungsraum schwächte sich zuletzt überraschend deutlich ab. Zugleich wachsen die Sorgen um die Konjunktur. Zuvor hatte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) den Leitzins in den USA zum dritten Mal in Folge unverändert belassen und Zinssenkungen im kommenden Jahr in Aussicht gestellt.
Viele Volkswirte rechnen damit, dass auch die Euro-Währungshüter die Zinsen im kommenden Jahr senken werden. EZB-Präsidentin Christine Lagarde warnte jüngst aber davor, bereits den Sieg über die Inflation auszurufen. Vielmehr sei weiterhin geboten, aufmerksam zu bleiben, bis die Teuerungsrate wieder auf das Ziel von mittelfristig zwei Prozent zurückgehe. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hatte gemahnt: "Es wäre verfrüht, die Leitzinsen bald zu senken oder über solche Schritte zu spekulieren."
"Problem noch lange nicht gelöst"
Für den Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, ist das Inflationsproblem "noch lange nicht gelöst". Er hofft, dass die EZB ihre Leitzinsen "lange genug" auf dem derzeitigen Niveau belasse. "Sie darf nicht wegen ein paar überraschend niedriger Inflationsdaten einknicken. Denn die Inflation sinkt vor allem deshalb, weil die massiven Preisanstiege bei Energie und Nahrungsmitteln sowie die Materialengpässe abebben." All das bremse zurzeit sogar die Preise für Dienstleistungen. "Aber wegen der stark steigenden Löhne dürfte sich die Inflation später im kommenden Jahr eher bei drei als bei zwei Prozent einpendeln."
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, verweist auf den Schwenk der US-Notenbank in Richtung baldiger Zinssenkungen. "Das setzt die EZB auf einmal unter enormen Druck, ihre Geldpolitik früher zu lockern, als ihr lieb sein kann. Der Höhenflug der Leitzinsen ist wahrscheinlich schneller vorbei, als viele Analysten geglaubt haben. Damit nehmen die Belastungen für Unternehmen, Finanzmärkte und insbesondere die Immobiliensektoren ab."
Deutsche Wirtschaft auf Schrumpfkurs
Die Teuerung im Euroraum schwächte sich im November deutlich ab. Die Verbraucherpreise lagen nach Angaben des Statistikamtes Eurostat um 2,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, nach 2,9 Prozent im Oktober. Im vergangenen Jahr war die Inflationsrate infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zeitweise noch zweistellig gewesen. Mittelfristig strebt die EZB für den gemeinsamen Währungsraum mit seinen 20 Mitgliedstaaten stabile Preise bei einer Inflationsrate von 2,0 Prozent an.
Nach einer beispiellosen Serie von zehn Zinsanhebungen in Folge im Kampf gegen die hohe Inflation hatten die Währungshüter im Oktober die Zinsschraube erstmals nicht weiter angezogen.
Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann. Teurere Kredite sind zugleich eine Last für die Wirtschaft, weil sich kreditfinanzierte Investitionen verteuern.
Die Wirtschaft im Euroraum schwächelt. Im dritten Quartal schrumpfte die Wirtschaftsleistung nach Angaben von Eurostat zum Vorquartal um 0,1 Prozent. Im zweiten Vierteljahr war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent gewachsen, nach einer Stagnation zu Jahresbeginn. Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung von Bundesregierung und Ökonomen auch im Gesamtjahr 2023 leicht schrumpfen.
hb/bea (dpa,rtr)