EZB als Krisenfeuerwehr
28. Oktober 2011Die Europäische Zentralbank hat ein Mandat, das über allen anderen steht: Sie muss die Preisstabilität des Euro bewahren. Das ist ihr bisher auch gut gelungen, selbst in den Zeiten der Finanz- und Schuldenkrise. Doch die Schuldenkrise hat die Notenbank vor neue Herausforderungen gestellt. Seitdem sie sich im Mai 2010 entschlossen hatte, griechische Staatsanleihen zu kaufen, wird sie heftig kritisiert. Damit habe die EZB ihr Mandat überschritten, heißt es.
Gertrud Traud sieht es anders. Die Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen Helaba sagte schon damals: "Ich finde das immer interessant, dass bei der EZB die Dogmatiker laut werden, während in der Finanzkrise die Bank of England und auch die US-Notenbank das Gleiche gemacht haben und jeder das bejubelt hat." Bei der EZB werde mit zweierlei Maß gemessen.
Umstrittene Anleihekäufe
Hatte die EZB zwischenzeitlich aufgehört, Staatsanleihen aus Griechenland, Portugal und Irland zu kaufen, so begann sie damit wieder im August. Dieses Mal stützte sie auch die Anleihen Spaniens und Italiens. EZB-Chef Jean-Claude Trichet begründete sein Vorgehen damit, dass die bereits eingeleiteten geldpolitioschen Maßnahmen der EZB auf diese Weise unterstützt würden. Inzwischen hat die EZB Staatspapiere im Volumen von 170 Milliarden Euro im Depot. Damit habe der Notenbankchef vorauseilenden Gehorsam geübt, kritisiert Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank: "Mit dieser Entscheidung ist Trichet nahe an die Politik gerückt." Krämer streitet nicht ab, dass diese Entscheidung sicher aus einer guten Motivation heraus getroffen wurde. "Aber ich denke, ohne die Entscheidung der EZB, Staatsanleihen aufzukaufen, hätte die Politik mittlerweile schon längst reagiert."
Unbegrenzte Liquidität
Die Notenbank versucht aber nicht nur auf diese Weise den Finanzmarkt zu stabilisieren. Sie stellt seit der Finanzkrise auch den Banken unbegrenzt Liquidität zur Verfügung, die sie dem Markt aber regelmäßig wieder entzieht, wenn sie nicht mehr nötig ist. So verhindert sie Inflation. Diese zusätzliche Liquidität wird von den Banken dringend benötigt. Denn mit zunehmender Verschärfung der Krise schwindet das Vertrauen der Banken untereinander, die sich deshalb kein Geld mehr leihen. Sie befürchten, dass ihre Wettbewerber zu viele Staatsanleihen der Krisenländer im Depot halten und deshalb gefährdet sein könnten. Erst im Oktober hat die EZB da wieder alle Register gezogen. Sie weitete ihre Kreditangebote an Banken mit sehr langer Laufzeit von mehr als einem Jahr deutlich aus, die Banken können sich zum Leitzins unbegrenzt Liquidität bei der Zentralbank beschaffen. Manche sprachen davon, hier würde mit Kanonen auf Spatzen geschossen, anderen wiederum war es nicht genug.
In der Zinspolitik ist die Europäische Zentralbank weiter vorsichtig. Den wichtigsten Leitzins hat die EZB in den letzten Monaten nicht gesenkt, im Gegenteil: Wegen der guten Konjunkturentwicklung zu Jahresbeginn hob sie ihn bis zum Juli in zwei Schritten von 1,0 auf jetzt 1,5 Prozent an.
Autorin: Brigitte Scholtes
Redaktion: Zhang Danhong