Trump und Putin erreichen ersten Deal
7. Juli 2017Es war nur für eine halbe Stunde angesetzt, dann dauerte es mehr als zwei Stunden. Das Gipfeltreffen des neuen international unerfahrenen US-Präsidenten mit dem russischen Präsidenten, der schon dutzende Gipfel und vier US-Präsidenten erlebt hat, zog in Hamburg alle Aufmerksamkeit auf sich. Aus dem G20-Gipfel wurde am Freitag ein G2-Gipfel der beiden mächtigsten Männer der Welt. Im Wahlkampf hatte Donald Trump mehrfach angekündigt, er wolle das Verhältnis der USA zu Russland wieder verbessern. "Ich werde versuchen, mit Putin auszukommen, wenn es nicht geht, dann eben nicht", hatte der gewählte Präsident Trump dann kurz nach seiner Amtseinführung im Januar gesagt. In Hamburg meinte er jetzt, es werde "sehr positive Dinge" für die USA, Russland und andere geben.
Waffenstillstand für den Südwesten Syriens vereinbart
Mit diesen "anderen" könnten die Menschen in Syrien gemeint sein. Der amerikanische Präsident und der russische Präsident haben sich im Prinzip auf einen Waffenstillstand für den Südwesten des Bürgerkriegslandes geeinigt. Russland unterstützt den syrischen Machthaber Baschar al Assad. Die USA unterstützten bislang die Rebellen, die gegen die syrische Regierung kämpfen. Beide, Russland und die USA, haben getrennt Angriffe gegen die Terrorgruppe "Islamischer Staat" geflogen, die sich ebenfalls in Syrien festgesetzt hatte. Der Waffenstillstandsvereinbarung haben wohl auch Israel und Jordanien zugestimmt. Wie der Waffenstillstand, der nach Angaben von US-Regierungsvertretern bereits von Sonntag an gelten soll, durchgesetzt und kontrolliert werden soll, ist nicht ganz klar.
US-Außenminister Rex Tillerson sagte vor amerikanischen Reportern nach dem Gipfeltreffen, sein Land und Russland hätten ein "gemeinsames Interesse daran, Syrien zu stabilisieren." Langfristig wollen die USA und Russland den Bürgerkrieg in Syrien beenden. Der Vorgänger von US-Präsident Trump, Barack Obama, hatte darauf bestanden, dass es für den syrischen Präsidenten Baschar al Assad keine politische Zukunft geben dürfe. Diese Position scheint die neue Administration geräumt zu haben. Allerdings, so US-Außenminister Tillerson, wolle Russland nicht für immer an Assad in Syrien festhalten.
Positionen verändern sich
Anfang April hatte US-Präsident Trump auf einen Giftgasangriff syrischer Truppen auf Rebellenstellungen mit einem Militärschlag auf einen syrischen Stützpunkt geantwortet und Russland heftig kritisiert. Diese Haltung scheint Trump jetzt revidiert zu haben. Bislang waren Friedensverhandlungen der Vereinten Nationen mit den Bürgerkriegsparteien in Genf ins Leere gelaufen. Auch Verhandlungen Russlands mit Syriens Nachbarland Türkei über die Einrichtung von "sicheren Zonen" für die syrische Bevölkerung, waren erst Anfang dieser Woche ergebnislos vertagt worden.
Der russische Präsident Wladimir Putin sagte nach dem unerwartet langen ersten Treffen mit Trump in Hamburg, man habe über Syrien, die Lage in der Ukraine und auch die Sicherheit im virtuellen Raum gesprochen. US-Geheimdienste und die NATO werfen Russland schon lange vor, Cyber-Angriffe gegen westliche Einrichtungen zu führen. Russland wirft dem Westen Attacken auf seine Einrichtungen vor. US-Außenminister Tillerson sagte, Trump habe mit Putin auch über die angebliche Einmischung Russlands in den US-Wahlkampf im letzten Jahr gesprochen. Putin, so Tillerson, habe alle Vorwürfe bestritten.
Trump und Putin: Bald neue Freunde?
Bei dem ersten Treffen ging es auch um die Atmosphäre und die Chemie zwischen den beiden Präsidenten. Selbst der erste Händedruck war Eilmeldungen und Sondersendungen in amerikanischen Nachrichtensender wert. Donald Trump ging in einer Kaffeepause des G20-Gipfels auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu. Trump versuchte einen lockeren Auftritt und ergriff auch kameradschaftlich den rechten Unterarm seines russischen Gegenübers. Händeschütteln wird bei Präsident Trump besonders beobachtet. Im Gedächtnis ist vielen Korrespondenten noch der endlos scheinende Händedruck, den Trump dem japanischen Ministerpräsidenten Abe aufnötigte. Wenige Monate später drehte der neue französische Präsident den Spieß um. Emmanuel Macron hielt Trumps länger fest umklammert als das normalerweise üblich ist. Gesten und Körpersprache werden besonders wichtig, wenn es wenig Worte oder Inhalte gibt, über die zu berichten wäre.
Der US-Präsident, dem zuhause vorgeworfen wird, sein Team habe mit Russland möglicherweise kooperiert, um den Wahlkampf 2016 zu beeinflussen, sagte, er sei geehrt, Putin zu treffen. Putin gab das Kompliment zurück und schränkte gleich ein: "Ein einziges Treffen reicht meist nicht aus."
Trump will Putin schon getroffen haben - oder doch nicht?
Die beiden Präsidenten könnten unterschiedlicher nicht sein. Trump scheint, wenn man sich seine Tweets und Reden anschaut, öfter aus dem Bauch heraus zu entscheiden. Über 80 Mal hatte er im Wahlkampf sehr unterschiedliche Aussagen über den Russen gemacht. Putin hingegen ist wesentlich zurückhaltender, beherrschter und berechnender. Donald Trump hatte Putin einen begabten Führer genannt, den er schon mehrfach getroffen haben. Unter anderem seien sie gemeinsam Gäste in einer Fernsehtalkshow gewesen, behauptete Trump im Jahr 2015. Im Juli 2016 hörte sich das dann ganz anders an. "Ich habe Putin nie getroffen. Ich kenne ihn nicht. Ich weiß, dass er gute Dinge über mich gesagt hat. Er sagte, ich sei ein Genie", sagte Trump vor einem Jahr, als ihm erste Kontakte zu Russland unterstellt wurden. Heute sagte Trump noch einmal, er habe bereits sehr gute Gespräche mit dem russischen Präsidenten gehabt. Wladimir Putin schließlich löste diese Widersprüche auf und bestätigte, dass er Donald Trump noch nie persönlich getroffen, sondern nur mit ihm telefoniert habe.
Russland will einen Deal mit Trump
Trump und Putin waren während ihres kurzen Gipfels während des G20-Gipfels nicht allein im Konferenzraum. Die Außenminister waren mit dabei. Rex Tillerson, der US-Außenminister, kennt Wladimir Putin gut. Er hatte ihn im Gegensatz zu Trump bereits in seiner früheren Tätigkeit als Chef des Exxon-Ölkonzerns mehrfach getroffen. Der russische Außenminister nahm ebenfalls an dem Gespräch teil. Sergej Lawrow ist, anders als Tillerson, ein erfahrener Diplomat. Er hatte in einer Rede vor einer Woche gesagt, die neue Weltordnung unter Trump sollte wieder bipolar sein, mit Russland und den USA als den beiden Polen. Der Westen mit seinen pseudo-liberalen Werten und der NATO als Militärbündnis seien überflüssig. "Ich gehe davon aus, dass die Präsidenten ihre nationalen Interessen verstehen. Sie werden die gegenwärtige abnorme Situation überwinden und Verhandlungen beginnen, die die bilateralen Beziehungen betreffen." Viel Bewegungsspielraum hätte Donald Trump allerdings nicht, denn der amerikanische Kongress ist gerade dabei, die Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu verschärfen. Der russische Ansatz dürfte dem US-Präsidenten insgesamt gefallen, das sich Trump ja auch als "Deal-Maker" sieht und mit dem multinationalen Ansatz, wie ihn die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Entwicklungsländer darstellt, wenig anfangen kann. Allerdings hat sich Trump erst am Donnerstag bei einem Besuch in Polen für die NATO als Militärallianz stark gemacht und die Russen vor "destabilisierendem" Verhalten gewarnt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Abend in der Hamburger Elbphilharmonie ein Essen für die G20 gab, lobte den Extra-Gipfel von Trump und Putin. "Wir begrüßen sehr, dass sie sich treffen", sagte Merkel, obwohl beide den größten Teil der Diskussion über Klimaschutz geschwänzt haben. Der "bedauerliche" Ausstieg der USA aus dem Klimaschutzabkommen sei ja bekannt.