Explosion der Farben - Emil Nolde
Er gilt als einer der bedeutendsten deutschen Expressionisten - dem Maler Emil Nolde ist im Frankfurter Städel die erste große Retrospektive seit 25 Jahren gewidmet.
Das Leben Christi
Emil Nolde ist in Deutschland und weltweit vor allem durch seine Blumenbilder und Seestücke bekannt. Die Ausstellung im Frankfurter Museum "Städel" will jetzt den ganzen Nolde zeigen. Dazu gehört auch, so Museumsdirektor Max Hollein, die Beschäftigung des Künstlers mit religiösen Motiven. Das neunteilige Gemälde "Das Leben Christi" entstand in den Jahren 1911/12. Nolde war damals Mitte Vierzig.
Nicht unumstritten
Emil Nolde galt schon zu Lebzeiten als einer der erfolgreichsten deutschen Künstler. Der 1867 in Schleswig-Holstein geborene Nolde hat bis zu seinem Tod im Jahre 1956 viele Höhen und Tiefen durchschritten. Er war lange Jahre ein Anhänger nationalistischen Gedankenguts und sympathisierte mit den Nazis. Doch die verhängten trotzdem ein Berufsverbot und klassifizierten seine Bilder als "entartet".
Verlorenes Paradies
Es waren auch solche Gemälde, die den Vorstellungen der Nationalsozialisten von einer "reinen deutschen Kunst" absolut nicht entsprachen. Ein fanatischer NS-Kunstideologe berief sich auch dezidiert auf Emil Noldes Gemälde "Verlorenes Paradies" aus dem Jahre 1921 um die These vom "rassistischen Niedergang" der modernen deutschen Kunst zu belegen.
Nordlicht im Bild
Nolde, der sich aufgrund seiner Herkunft zu den skandinavischen Ländern hingezogen fühlte, lebte zu Beginn des vorigen Jahrhunderts auch in Kopenhagen. Dort hatte er ein Atelier und suchte den Kontakt zu dänischen Künstlern. Bevor er sich intensiv der Farbe zuwandte, malte er solche spätimpressionistischen Bilder. "Kanal" von 1902 spielt mit Lichteffekten und setzt auf atmosphärische Stimmungen.
Im Rausch der Farben
Bekannt ist Emil Nolde in Deutschland auch heute noch vor allem durch seine phantastischen Landschaftsbilder. Auf vielen Gemälden und Aquarellen experimentierte der Künstler mit den Farben und Maltechniken. Ein Aquarell, wie das 1930 entstandene "Vierwaldstätter See", betört auch heute noch: mit seinen satten Farben, seinem angedeutetes Licht und der dadurch erzeugten Stimmung.
Schlichte Eleganz
Es sind diese Gegensätze, die die große Emil-Nolde-Retrospektive in Frankfurt so sehenswert machen. Einerseits die prachtvolle Farbigkeit, andererseits die schlichte Eleganz, die manche frühen Gemälde ausstrahlen. Die Hängung im Museum trägt dem Rechnung. Ein Gemälde wie "Zwei am Meeresrand" (1903) dürfte so manchen Besucher und auch Nolde-Kenner überraschen.
Differenzierter Blick
Die Nolde-Ausstellung in Frankfurt zeigt den Künstler in all seinen Facetten. Dokumentiert sind auch seine Jahre im nordfriesischen Seebüll an der dänischen Grenze, wo Nolde und seine Frau Ada eine Zeitlang zurückgezogen lebten. Die dort ansässige Emil Nolde-Stiftung kümmert sich heute um den Nachlass des Künstlers - und versorgte die Städel-Frankfurter Retrospektive mit zahlreichen Exponaten.
Kunst und Aufarbeitung
So ist die Nolde-Schau zweierlei. Zum einen eine umfassende Ausstellung, die einen der großen deutschen Expressionisten ins Rampenlicht rückt. Zum anderen der Beginn einer differenzierten wissenschaftlichen Beschäftigung mit diesem umstrittenen Künstler. Im Katalog ist ein Essay abgedruckt, der die problematische Beziehung Noldes zum NS-Staat untersucht. Weitere Publikationen dazu sollen folgen.