Ex-Wirtschaftsminister verlässt Regierungspartei
8. Juli 2019Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan verliert einen ehemaligen Verbündeten in seiner islamisch-konservativen Regierungspartei: Ex-Vizeministerpräsident Ali Babacan kehrt der AKP den Rücken. In einem Brief an die Parteizentrale schreibt er, in den vergangenen Jahren hätten sich die Differenzen zwischen der Politik und seinen eigenen "Prinzipien, Werten und Ideen" vergrößert. Babacan hatte in seiner Zeit als Wirtschaftsminister von 2002 bis 2007 den Grundstein für den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes gelegt.
Ihm gehe es auch darum, den Ruf des Landes zu verbessern. "Menschenrechte, Freiheiten, eine fortschrittliche Demokratie und Rechtshoheit sind unsere unerlässlichen Grundsätze", führt er weiter aus. Unter den aktuellen Umständen brauche es eine "völlig neue Vision" für die Zukunft der Türkei. "Ich und viele meiner Freunde fühlen die große und historische Pflicht, diese Anstrengung zu unternehmen." Deshalb sei es ihm nicht möglich, länger in der AKP als Gründungsmitglied zu bleiben.
In den vergangenen Monaten war immer wieder das Gerücht aufgetaucht, dass Babacan gemeinsam mit Ex-Präsident Abdullah Gül für eine neue Partei AKP-Mitglieder abwerben will, die mit Erdogans zunehmend autoritärem Politikstil nicht einverstanden sind. Ähnliche Meldungen gab es auch um Ex-Ministerpräsident Ahmet Davutoglu. Beobachter werten die Unruhe in Erdogans Partei als Zeichen von Machtverlust.
Bei der regulären Kommunalwahl am 31. März hatte die AKP in vielen Großstädten an Zustimmung verloren. Hauptgrund war die schlechte wirtschaftliche Lage, andere reagierten auch auf Erdogans aggressive Rhetorik. Der wichtigste Bürgermeisterposten des Landes in Istanbul fiel nicht nur im März, sondern auch bei der Wiederholung der Wahl am 23. Juni an den Oppositionskandidaten Ekrem Imamoglu, der mit positiven und versöhnlichen Botschaften punktete.
uh/sti (dpa, afp, rtr)