Suharto gestorben
28. Januar 2008Mit einem Staatsbegräbnis ist am Montag (28.01.2008) der frühere indonesische Präsident Suharto in seinem Heimatort Solo beigesetzt worden. Zehntausende säumten die Straßen, als der Sarg vom Flughafen der Stadt zum Familien-Mausoleum gebracht wurde. Dort leitete Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono die Feierlichkeiten mit allen militärischen Ehren. Suharto war am Sonntag im Alter von 86 Jahren gestorben. Der ehemalige Militärmachthaber des südostasiatischen Inselstaates erlag in Jakarta einem mehrfachen Organversagen, wie Chefarzt Marjo Subiandon mitteilte. Yudhoyono rief eine einwöchige Staatstrauer aus und würdigte Suharto als "besten Sohn des Landes".
Rücksichtslose Herrschaft
Seit seinem Abtritt von der Macht im Jahr 1998 lebte der "lächelnde General", wie ihn westliche Medien gerne nannten, zurückgezogen in seiner Residenz in Jakarta. Während seiner jahrzehntelangen Herrschaft prägte er das Land wie kein anderer Politiker. Doch die Zeit des Aufschwungs wurde von den späteren Jahren seiner rücksichtslosen Herrschaft verdunkelt.
Haji Muhammad Suharto ebnete sich 1965 den Weg an die Macht, als sechs in der Hierarchie über ihm stehende Heeresgeneräle ermordet wurden. Danach gab es 32 Jahre lang keinen anderen Präsidenten in dem Inselstaat mit der größten muslimischen Bevölkerung der Welt: Suharto ließ sich sechs Mal als Präsident bestätigen.
Kreditaufnahmen ohne Sicherung
Er wird als brutaler und korrupter Staatschef in Erinnerung bleiben - auch wenn er sich einer Strafverfolgung immer entziehen konnte. Suharto musste in den vergangenen Jahren mehrfach stationär behandelt werden, unter anderem wegen eines Herzleidens. Kritiker hatten jedoch immer wieder darauf hingewiesen, Suharto sei nicht so krank, wie er behaupte, sondern wolle sich nur dem Korruptionsprozess entziehen.
Aber der General hat Indonesien auch vom Rand des wirtschaftlichen Bankrotts zu einem der asiatischen Tiger gemacht - allerdings auf Pump. Der "Vater des Aufschwungs", so sein Beiname, baute die Erdöl- und Gasproduktion sowie die Textilindustrie des landwirtschaftlich geprägten Landes aus. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf stieg von 50 Dollar bei seinem Machtantritt auf etwa tausend Dollar vor Beginn der Asienkrise 1997.
Solange die Wirtschaft blühte, der Westen in dem Inselreich gewinnbringend investieren konnte und der Kalte Krieg die politische Weltkarte bestimmte, solange war seine Macht unangefochten. Die Kreditaufnahmen ohne Sicherung ließen in der asiatischen Finanzkrise die indonesische Wirtschaft jedoch zusammenbrechen: Bis heute hat sich Indonesien nicht von dem nach Einschätzung einiger Experten größten Crash irgendwo auf der Welt in den vergangenen 50 Jahren erholt. Als der Kurs der Landeswährung Rupiah in der Folge ins Bodenlose stürzte, geriet Suharto unter Beschuss. Nach anhaltenden Studentenprotesten musste er am 21. Mai 1998 zurücktreten.
Schutz durch reiche Günstlinge
Er ging nicht ins Exil, da er sich des Schutzes seiner mit ihm reich gewordenen Günstlinge sicher sein konnte; keiner seiner Nachfolger sorgte für einen Prozess wegen des Todes hunderttausender Menschen unter seiner grausamen Herrschaft. Mit einem ärztlichen Attest hatte er im Jahr 2000 erreicht, dass ein Prozess wegen der Veruntreuung von umgerechnet rund 387 Millionen Euro aus öffentlichen Geldern ausgesetzt wurde. Im September vergangenen Jahres jedoch wurde ein weiterer Prozess gegen ihn eröffnet. Die Justizbehörden forderten umgerechnet knapp eine Milliarde Euro von ihm zurück, die er als Präsident über dunkle Kanäle beiseite geschafft haben soll. Dieses Geld werden sie nun nicht mehr eintreiben können.
Suhartos sechs Kinder und deren Angehörige häuften unter dem Schutz des Familienpatrons unermesslichen Reichtum an. Bis heute halten sie Anteile an allen wichtigen Branchen der einst boomenden indonesischen Wirtschaft; Sohn Bambang Trihatmodjo tauchte im vergangenen Jahr mit einem Vermögen von 200 Millionen Dollar in der Forbes-Liste der reichsten Indonesier auf. Suharto und seine Gefolgsleute leiteten nach Schätzungen der Weltbank 20 bis 30 Prozent des Entwicklungsetats auf ihre Konten.
Massenhinrichtungen von Kommunisten
Der 1921 als Sohn einer Bauernfamilie auf Java geborene Suharto begann seine Karriere in der niederländischen Kolonialarmee in Indonesien. Während des Zweiten Weltkriegs kämpfte er gegen die japanische Besatzung, nach der Unabhängigkeit des Landes 1945 stieg er in den Offiziersrängen der indonesischen Streitkräfte auf. In den 1960er Jahren wurde er General. Ins politische Rampenlicht trat Suharto 1965 durch seine maßgebliche Rolle bei der Niederschlagung eines angeblichen Putschversuchs von Kommunisten. In der Folge wurden mehrere hunderttausend angebliche oder tatsächliche Mitglieder der Kommunistischen Partei hingerichtet.
Als Armee-Oberbefehlshaber und Verteidigungsminister verdrängte er mit immer weiterreichenden Befugnissen den kränkelnden Präsidenten Sukarno schrittweise von der Macht. Nach seinem offiziellen Amtsantritt als Präsident 1967 setzte Suharto stets alles daran, selbst am Schalthebel der Macht in dem riesigen Archipel mit rund 17.000 Inseln zu bleiben. Die Ränge der mächtigen Streitkräfte des Landes füllte Suharto mit Gefolgsleuten.
Über die Grenzen seiner Golkar-Partei hinaus nahm er auf die Führung der oppositionellen Demokratischen Partei Indonesiens (PDI) Einfluss, die Medien wurden strenger Kontrolle unterstellt. Mit seiner antikommunistischen Haltung gewann Suharto außenpolitisch die Sympathien der USA. Der zurückhaltend und freundlich auftretende Präsident verschaffte sich auch in anderen Ländern der westlichen Welt Sympathien, in Deutschland gewann er die Freundschaft von Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU). Bei Menschenrechtlern stand Suharto hingegen in der Kritik. Sie warfen ihm im Zusammenhang mit dem Einmarsch in das nach Unabhängigkeit strebende Osttimor im Jahr 1975 Völkermord vor. In dem auf die Besatzung folgenden 25-jährigen Bürgerkrieg starben Schätzungen zufolge 200.000 Menschen. (stu)