Europäisches Umweltbewusstsein
21. November 2004Deutschland ist auf dem Umweltsektor geradezu ein Musterknabe. 92 Prozent der Deutschen halten den Umweltschutz für wichtig. Das ergab eine Studie, die das Umweltbundesamt und das Bundesumweltministerium in Auftrag gegeben haben. Damit ist das Umweltbewusstsein der Deutschen in den vergangenen Jahren wieder gestiegen, nachdem es in den 1990er-Jahren etwas zurückgegangen war. Dieses gestiegene Umweltbewusstsein findet sich inzwischen in konkreten Gesetzen wieder. Wer zum Beispiel heute ein Haus baut oder einen Altbau saniert, ist durch die Energie-Einspar-Verordnung verpflichtet, für ausreichende Wärmedämmung zu sorgen. So soll möglichst wenig Energie verschwendet werden.
Festpreis für Öko-Strom
Oder Beispiel Energie-Einspeise-Gesetz: Hier geht es darum, der Solar-, Wind-, Wasser oder Biogasenergie auf dem Energiemarkt zum Durchbruch zu verhelfen. Wer in eine dieser Anlagen investiert, egal ob als Privatperson oder geschäftlich, bekommt nicht nur Fördermittel vom Staat, sondern auch einen festen Preis für jede Kilowattstunde, die ins öffentliche Netz eingespeist wird.
Die Deutschen sind zudem Weltmeister im Mülltrennen, sie wollen raus aus der Atomenergie, drängen beim Kyoto-Protokoll und sie waren die ersten in Europa, die eine grüne Partei in die Regierungsverantwortung gewählt haben. Und ökologische Politik ist weiter im Trend.
Fragwürdige Giftmüllpraxis auf der Insel
Dies kann man von Großbritanniens Umweltpolitik nicht gerade behaupten. Obwohl das Land sonst, wenn es um die Einhaltung von EU-Richtlinien geht, an vorderster Stelle steht. Die Beseitigung von Müll bereitet große Probleme. Das zeigt das Paradebeispiel der Entsorgung von Kühlschränken. London hat es versäumt, Einrichtungen zu schaffen, die die in den Kühlschränken enthaltenen umweltschädlichen Gase korrekt entsorgen. Als Folge entstanden im ganzen Land Kühlschrankhalden.
Illegales Abladen
Gegenwärtig steht Großbritannien vor einem neuen Problem. Jedes Jahr fallen etwa fünf Millionen Tonnen Giftmüll an. Der Giftmüll wurde bisher zusammen mit dem Haushaltsmüll auf Müllkippen abgeladen. Seit Sommer 2004 verstößt diese Praxis gegen EU-Vorschriften. Die Anzahl der Müllkippen, die Giftmüll aufnehmen können, geht weiter zurück, und deshalb befürchtet man, dass die Praxis, Giftmüll illegal abzuladen, zunehmen könnte.
Elliott Morley, Staatsminister im Umweltministerium ist hingegen überzeugt, dass es nach einigen Anfangsschwierigkeiten genügend Lagerstätten für Giftmüll geben wird: "Wir haben genügend Müllkippen. Es wird eine Verringerung geben, das ist unvermeidlich im Frühstadium. Doch es wird schrittweise mehr Müllkippen geben. Und natürlich, wenn sich ein Markt für die Entsorgung von Giftmüll herausbildet, dann wird das Müllgewerbe darauf reagieren."
Die Regierung hofft, dass die neuen Vorschriften die Industrie veranlassen werden, auf Verfahren umzusteigen, die weniger Giftmüll erzeugen. Doch es fehlt an den notwendigen Gesetzen, die die Verantwortlichkeiten der Industrie bei der Beseitigung von Giftmüll festlegen. Seit Jahren wird darüber diskutiert, wie man mit Hilfe steuerlicher Maßnahmen das Entstehen und Entsorgen von Giftmüll in den Griff bekommen kann. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde jedoch noch nicht vorgelegt, und in der Zwischenzeit floriert das Geschäft von LKW-Fahrern, die gegen Geld Giftmüll abholen und illegal auf Straßen und Plätze deponieren.
Rumänien muss besser werden
Der EU-Beitrittskandidat Rumänien arbeitet noch an seiner Umweltpolitik. Gemäß des Fortschrittsberichtes der Europäischen Union hat das Land zwar einen zufrieden stellenden Stand der Rechtsangleichung erreicht, aber die neuen Umweltschutzgesetze werden dennoch nicht eingehalten. Schuld daran ist die Korruption im Land.
In Ungarn scheinen die Grünen mehr Zuspruch zu bekommen. In punkto Umweltpolitik, Mülltrennung und Wasserreinhaltung gibt es Direktiven, doch es mangelt an der Durchführung.
Die Franzosen kämpfen mit einem ganz anderen Problem: Spätestens seit dem ersten Ölschock setzt Frankreich entschieden auf die Kernkraft. Unabhängigkeit vom Erdöl ist also ein Argument der Atom-Befürworter. Und das zweite ist - erstaunlicherweise - die umweltfreundliche Komponente dieser Energie.
Schadstoffhandel kommt
Betrachtet man die Umweltpolitik in Europa, so darf der Schadstoffausstoß natürlich nicht fehlen. Denn Anfang 2005 beginnen 25 EU-Staaten den Handel mit Emissionsrechten. Das weltweit erste multinationale Emissionshandelssystem ist wichtiger Eckpfeiler der Bemühungen der EU, das Ziel des Kyoto-Protokolls zu erreichen. Im Zeitraum zwischen 2008 und 2012 soll danach die Kohlendioxid-Emissionen um acht Prozent gegenüber 1990 verringert werden.