Europäischer Museumspreis an jüdisches Museum in Warschau
11. April 2016Das "Museum der Geschichte polnischer Juden "(POLIN) in Warschau hat den diesjährigen europäischen Museumspreis (EMYA) gewonnen. Am 09.04 hat das "Europäische Museums Forum" (EMF) in San Sebastian dem Direktor des POLIN Professor Dariusz Stola die EMYA-Trophäe übergeben. Seit 1977 vergibt das "Europäische Museums Forum" unter der Schirmherrschaft von Königin Fabiola de Mora y Aragón von Belgien die Auszeichnung "Europäisches Museum des Jahres". Als EMYA-Trophäe fungiert die goldene Skulptur "The Egg" des Künstlers Henry Moore. Ein Jahr bleibt sie nun im Besitz von POLIN, bis sie 2017 an ein anderes herausragendes Museum verliehen wird.
"Po-lin" heißt auf Hebräisch "hier nächtigen"; laut Legende soll aus diesem Wort der Name "Polen" entstanden sein. Die Juden suchten in dem osteuropäischen Land vor der Verfolgung aus Westeuropa Zuflucht, sie "nächtigten hier". Zeitweise lebten bis zu 3,5 Millionen Juden in Polen, heute sind es nur noch wenige Tausende. Für die Juroren des EMF stand bei der Verleihung die Frage im Mittelpunkt, wie ein - wenn auch angespanntes - Zusammenleben pötzlich in der weitgehenden Ausrottung einer ganzen Bevölkerung und Kultur enden kann.
Das Warschauer Museum behandelt die 1000-jährige Geschichte der Juden in Polen. Es gibt acht chronologische und thematische Abteilungen, in denen unter anderem der Holocaust während des Zweiten Weltkrieges thematisiert wird. Das Museum zeigt auch die Zwangsausbürgerung von knapp 13.000 polnischen Juden und die antisemitische Säuberungspolitik des kommunistischen Parteichefs Wladyslaw Gomulka in den späten 1960er Jahren.
Auch jüdische Salons, Cafés, Schulen und Wohnhäuser sind in der Ausstellung zu sehen. Mit 4.300 qm ist das POLIN das größte jüdische Museum der Welt.
Museumsgeschichte an einem symbolträchtigen Ort
Das vom finnischen Architekten Rainer Mahlamäk entworfene Museum steht symbolträchtig im einstigen jüdischen Viertel Muranów der Stadt Warschau. Die Nazis verwandelten den Stadtteil zu einem ummauerten Ghetto. Mehrere Hunderttausend Juden wurden in den engen Gassen eingepfercht, verhungerten oder wurden von dort deportiert und ermordet.
Gegenüber dem Museum steht das 1948 errichtete Mahnmal, vor dem Willy Brandt 1970 niederkniete und um Verzeihung bat. Das POLIN will aber ausdrücklich vom Leben und nicht in erster Linie vom Tod erzählen. Passend dazu schreiben die Museumsmacher: "Das Mahnmal gedenkt der gestorbenen Juden, das Museum erinnert daran, wie sie lebten."
"Schon die Nominierung ist eine Auszeichnung"
Auch deutsche Museen waren für den Preis nominiert: das Ludwigsburg Museum, das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit in Berlin, das Staatliche Museum für Archäologie in Chemnitz und die thüringische Porzellanwelten Leuchtenburg. Sven-Erik Hitzer, Vorstand der Stiftung Leuchtenburg, sagte zur Entscheidung: "Auch wenn wir die Auszeichnung, die in der internationalen Museumslandschaft einem Oskar gleich kommt, nicht nach Deutschland holen konnten, so sind wir dennoch sehr glücklich." Denn allein die Nominierung sei schon eine Auszeichnung.
Im letzten Jahr ging der Museumspreis an das Rijksmuseum in Amsterdam.
js/suc (dpa/polin)