Europäischer Filmpreis für das Lebenswerk geht an Werner Herzog
Bei den 32. Europäischen Filmpreisen geht die Auszeichnung für das Lebenswerk an Werner Herzog. Der Regisseur ist ein Weltreisender in Sachen Film. Ein Rückblick auf seine wichtigsten Filme.
Cineastischer Welterklärer: Werner Herzog
Herzog erhält den Preis für das Lebenswerk im Alter von 77 Jahren. Doch auch im fortgeschrittenen Alter ist der deutsche Regisseur ist weiterhin sehr aktiv. In den letzten Jahren war er vor allem in den USA aktiv, wo er zahlreiche Spiel- und Dokumentarfilme inszeniert hat.
Spielfilmdebüt "Lebenszeichen"
Schon in seinem Debüt deutete Herzog seine enorme künstlerische Spannbreite an. Als sein Film "Lebenszeichen" 1968 in die Kinos kam, hatte der "Neue Deutsche Film" schon Fahrt aufgenommen. Mit Herzog betrat nun noch ein außergewöhnliches Talent die Bühne. "Lebenszeichen" erzählte von einem versprengten Haufen deutscher Wehrmacht-Soldaten in Griechenland während des Zweiten Weltkriegs.
Außenseiter: "Auch Zwerge haben klein angefangen"
Zwei Jahre später präsentierte Herzog bei den Filmfestspielen in Cannes mit "Auch Zwerge haben klein angefangen" einen außergewöhnlichen Beitrag, in dem ausschließlich kleinwüchsige Darsteller mitspielen. Anarchie und Revolution, Individuum und Gesellschaft - das waren die Themen dieses Films. Herzog sollte sie später noch öfters aufgreifen.
Klaus Kinski in "Aguirre, der Zorn Gottes"
Ab 1972 wurden Herzogs Filme mit dem Südamerika-Drama "Aguirre, der Zorn Gottes" auch bei einem breiteren Publikum bekannt. Ein Grund dafür war sein Hauptdarsteller Klaus Kinski, mit dem der Regisseur mehrere Filme drehen sollte. Der exzentrische Darsteller und der Regisseur entwickelten sich zu einem der interessantesten Duos des "Neuen Deutschen Films".
"Kasper Hauser: Jeder für sich und Gott gegen alle"
Die Geschichte des Kasper Hauser verarbeitete Herzog 1974 in "Jeder für sich und Gott gegen alle". Als Hauptdarsteller agierte Bruno S., der seine Kindheit in Heimen verbracht hatte und in der Bundesrepublik als geistig zurückgeblieben galt. Bruno S. spielt das historisch verbürgte Findelkind Kasper Hauser, der seine ersten Lebensjahre bis 1826 eingesperrt in einem dunklen Raum verbracht hatte.
"Nosferatu - Phantom der Nacht"
Keinen historischen, sondern einen Kino-Mythos griff der Regisseur fünf Jahre später auf. Er brachte eine Neuverfilmung des Horrorfilmklassikers "Nosferatu" ins Kino. 1922 hatte Friedrich Wilhelm Murnau einen Welterfolg mit diesem deutschen Stummfilm geschaffen, Herzog knüpfte 1979 daran an - natürlich mit seinem damaligen Lieblingsschauspieler Klaus Kinski in der Rolle des Vampirs.
Literaturklassiker "Woyzeck"
Herzog war Ende der 1970er Jahre fast so produktiv wie sein Kollege Rainer Werner Fassbinder. 1979 brachte er neben "Nosferatu" noch einen weiteren Film zur Uraufführung. Für "Woyzeck" griff er wieder auf einen Klassiker zurück, diesmal aus der Literaturgeschichte. Georg Büchners gleichnamiges Drama wurde von Herzog kongenial verfilmt, wieder mit Kinski in der Rolle des geschundenen Soldaten.
Zweites Südamerika-Drama: "Fitzcarraldo"
Endgültig an der Weltspitze des Kinos angekommen war Werner Herzog mit "Fitzcarraldo". 1982 wurde der Film in Cannes mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet. In den Hauptrollen: Klaus Kinski und Claudia Cardinale. Bei den schweißtreibenden Dreharbeiten in Peru und Brasilien wurde unter anderem ein komplettes Schiff über einen Bergrücken gehievt.
"Mein liebster Feind"
Einige Jahre nach dem Tod von Klaus Kinski dokumentierte Herzog seine nicht immer einfache Zusammenarbeit mit dem Lieblingsschauspieler Kinski in der Doku "Mein liebster Feind". In dieser Lebensphase lieferte der Regisseur auch einige schwächere Spielfilme ab. Doch die Dokumentation war ein Lichtblick, weil sie zeigte, dass die Zusammenarbeit sich immer auch am Rande des Wahnsinns bewegte.
USA-Comeback: "Bad Lieutenant"
Nachdem einige seiner deutschen Regiekollegen in Hollywood entweder gescheitert oder nach nur wenigen Jahren in die Heimat zurückgekehrt waren, schaffte es Herzog, sich dauerhaft in den USA zu etablieren. Ausgerechnet dem eigenwilligen Bayern gelang es, mit großen Stars zusammenzuarbeiten - wie hier mit Nicolas Cage und Eva Mendes in dem Polizeifilm "Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans".
Höhlenwanderer: "Die Höhle der vergessenen Träume"
Werner Herzog dreht neben seinen Spielfilmen mit Hollywood-Stars auch weiter unermüdlich aufregende Dokumentationen. In "Die Höhle der vergessenen Träume" (2010) zeigt er, wie er mit einem kleinen Team in die südfranzösische Chauvet-Höhle hinabsteigt und die weltberühmten Höhlenmalereien filmt. Wie immer bei Herzog wird das von ihm selbst kommentiert - in seiner urbayrischen Sprachfärbung
Nicole Kidman in "Königin der Wüste"
Vor vier Jahren überraschte der Regisseur sein Publikum dann wiederum mit einem Spielfilm mit einem Top-Star. In "Königin der Wüste" ist Nicole Kidman als britische Historikerin und Abenteurerin Gertrude Bell zu sehen. Der bei der Berlinale uraufgeführte Historienfilm fiel allerdings beim Publikum durch. Künstlerisch gehört er zu den schwächeren Filmen des Regisseurs.
Blick in die Zukunft: "Lo and Behold"
Die nachfolgende Dokumentation nach dem Wüstendebakel wurde wieder ein Erfolg. Herzog philosophierte in dem Film "Lo and Behold" über das Internet und das Thema "Künstliche Intelligenz" und beschrieb deren Möglichkeiten und Risiken. Er befragt bekannte Hirnforscher aus den USA und teilt dem Zuschauer seine Faszination mit.
Europäischer Preis fürs Lebenswerk: Werner Herzog
Den Preis für das Lebenswerk, die Ehren-Lola des Deutschen Films, hat er schon bekommen - hier hält er die Trophäe im Jahr 2013 in den Händen. Nun folgt also am 7. Dezember in Berlin die europäische Ehre. Verdient ist sie auf jeden Fall. Es gibt wohl kaum einen anderen Regisseur, der so viele originelle und auch unterschiedliche Spiel- und Dokumentarfilme in den letzten Jahrzehnten gedreht hat.