Europas Politprominenz traf Obama in Berlin
18. November 2016Nachdem das Unerwartete in Washington geschah, sucht US-Präsident Barack Obama erkennbar die Ängste zu dämpfen, die sein gewählter Nachfolger im Weißen Haus auslöst. Er spielt aber auch über Bande - und richtete bei seinem letzten offiziellen Besuch in Deutschland mahnende Appelle an Donald Trump.
In Berlin kam Obama mit den Spitzen der wirtschaftsstärksten EU-Staaten zusammen. An dem Treffen nahmen neben der Gastgeberin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, die britische Premierministerin Theresa May, Frankreichs Staatspräsident François Hollande und die Regierungschefs von Italien und Spanien, Matteo Renzi und Mariano Rajoy, teil.
Letzte Pflöcke für die Zukunft
Natürlich war der Machtwechsel in den USA ein beherrschendes Thema. Doch der scheidende Präsident nutzte die Gelegenheit auch, um Pflöcke einzuschlagen, noch einmal Wegmarken zu setzen und Orientierung zu vermitteln. Während der Neue in Washington sich müht, seine Regierungsmannschaft zusammenzustellen, gab Obama den Europäern - und indirekt auch Trump - ein letztes Briefing für die Zukunft.
Im Zentrum standen dabei die Beziehungen zu Russlands Präsident Wladimir Putin, die Lage in Syrien und der gemeinsame Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Weil auch in Europa die Welt unübersichtlicher geworden ist, ging es nicht zuletzt um die künftigen transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen, einschließlich der Rolle, die Großbritannien nach dem Brexit-Referendum dabei spielen wird.
"Dialog und Entschlossenheit"
Schon am Donnerstag hatte sich Obama dafür eingesetzt, die westlichen Strafmaßnahmen gegen Russland erst zu lockern, wenn es erkennbare Fortschritte im Ukraine-Konflikt gibt: "Es ist wichtig, dass wir die Sanktionen fortsetzen, bis das Minsker Abkommen tatsächlich umgesetzt werden kann", sagte der Präsident bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kanzlerin Merkel.
Angesichts erster rhetorischer Umarmungen zwischen Trump und Putin sprach sich Obama für eine Mischung aus Dialog und Entschlossenheit im Umgang mit Moskau aus. Dafür sei es nötig, entschlossen aufzutreten, wenn Russland sich von gemeinsamen Werten und internationalen Normen verabschiede. Er hoffe, auch sein Nachfolger Donald Trump setze diesen Kurs fort.
Insgeheim heißt das: Auch die Europäische Union, in der die 2014 verhängten und dann im Halbjahresrhythmus verlängerten Sanktionen umstritten sind, möge diese Linie nicht verlassen. Ende des Jahres müssten die Strafmaßnahmen wegen des Ukraine-Konflikts erneut bestätigt werden, damit sie nicht auslaufen.
Karten werden neu gemischt
In Abgrenzung zur Wahlkampf-Polemik seines Nachfolgers warb der scheidende Präsident für die NATO und die EU. "Wenn wir kein starkes transatlantisches Bündnis haben, werden wir unseren Kindern eine schlechtere Welt hinterlassen", erklärte er.
Nach dem Sechser-Gipfel in Berlin eilte Obama nach Lima: zum Treffen der asiatisch-pazifischen APEC-Allianz, die für 57 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung steht. Während mit Europa das Freihandelsabkommen TTIP verhandelt wird, geht es dort um den TPP-Pakt - Trump will dieses Prestigeprojekt seines Amtsvorgängers nach eigenen Worten ebenso wie TTIP beerdigen.
Die Transpazifische Partnerschaft (TPP) sollte mit den USA und elf weiteren Mitgliedern die größte Freihandelszone der Welt werden. "Ich werde TPP nicht unterzeichnen", hatte Trump vor seinem Wahlsieg erklärt. Nicht nur in Europa, auch auf der anderen Seite der Welt werden also die Karten neu gemischt.
jj/sti (dpa, rtr)