Europas oberste Instanz
29. September 2003Die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) haben den Auftrag, Falschauslegungen des Gemeinschaftsrechts zu schützen und dessen gemeinschaftlichen Charakter zu gewährleisten.
Seit seiner Gründung 1952 hat sich der Europäische Gerichtshof mit einer Flut von fast 12.000 Rechts-Streitigkeiten befasst. 5.500 Urteile wurden seitdem gefällt. Um diesen Ansturm zu bewältigen, wurde dem Gerichtshof 1989 ein Gericht erster Instanz beigeordnet, das den Rechtsschutz der Betroffenen verbessern soll.
Urteile haben Aufsehen erregt
Die 15 Richter und acht Generalanwälte sind unabhängig und werden von den Mitgliedstaaten einvernehmlich für sechs Jahre ernannt. Die Richter wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten: Derzeit ist es Gil Carlos Rodriguez Iglesias.
Einige Fälle des EuGH fanden großes Echo in den Medien. Berühmt wurde das so genannte Bosman-Urteil aus dem Jahr 1995. Geklagt hatte der belgische Profi-Fußballer Jean-Marc Bosman. Eine Folge des Urteils ist, dass auf deutschen Fußballplätzen Spieler aus anderen EU-Staaten nicht mehr unter die "Ausländer-Regel" fallen. Diese Regel verbot den Vereinen, mehr als drei ausländische Spieler pro Partie einzusetzen.
Gemeinschaftsrecht hat Vorrang
In vielen Fällen hat das europäische Recht mittlerweile Vorrang vor dem nationalen. Eine Vielzahl von nationalen Urteilen wird mittlerweile mit Blick auf die europäische Rechtssprechung gefällt. "Dass das Gemeinschaftsrecht Vorrang vor dem nationalen Recht hat, gehört zum 'acquis communautaire' - also zum gemeinschaftsrechtlichen Besitzstand -, das ist inzwischen Gemeingut", sagt zum Beispiel die deutsche Richterin Ninon Colneric.
Seit dem Vertragsabschluss von Amsterdam im Jahr 1999 ist der Europäische Gerichtshof auch zuständig für die Wahrung der Grundrechte, wie sie die Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte gewährleistet. Eines der ersten Urteile auf diesem Gebiet hatte ungeahnte Konsequenzen für Deutschland: Eine junge Deutsche sah den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Bundeswehr verletzt, da ihr der Dienst mit der Waffe verwehrt wurde. In Luxemburg bekam sie Recht. Die deutschen Bestimmungen mussten geändert werden.