Europarat rügt Russland
2. Oktober 2012Mit großer Mehrheit stimmten in Straßburg die Vertreter aus 47 Europaratsländern für eine lange Liste von Forderungen wie Verbesserungen des Parteiengesetzes sowie Schutz der Meinungsfreiheit und der Demonstrationsfreiheit.
Grundlange für die Abstimmung war ein 65 Seiten umfassender Bericht des Schweizer Sozialdemokraten Andreas Gross und des rumänischen Christdemokraten György Frunda. Es ist die erste umfassende Bestandsaufnahme des Europarats zur politischen Lage in Russland seit sieben Jahren.
Kritik und Forderungen
Neben der Wiedereinführung des Straftatbestandes "Verleumdung" kritisierten die Parlamentarier des Europarats das Hafturteil für die Mitglieder der Punkband "Pussy Riot". Dieser Gerichtsentscheid sei "völlig unangemessen", deshalb müssten die verurteilten Frauen sofort freigelassen werden.
Dies hätten auch mehr als 120 Bundestagsabgeordnete fraktionsübergreifend in einem Brief an den russischen Botschafter in Berlin geschrieben, sagte die deutsche Abgeordnete Marina Schuster in der Debatte.
Beklagt wurde auch das Gesetz, das Nichtregierungsorganisationen (NGO) mit ausländischen Geldgebern verpflichtet, sich als "ausländische Agenten" registrieren zu lassen. Verlangt wurde die Änderung des NGO-Gesetzes und der Verzicht auf Gewalt gegen friedliche Demonstranten.
Absagen und Vorwürfe
Schon vor der Sitzung hatte Russland verärgert auf den Bericht reagiert. Der Vorsitzende der Staatsduma, Sergej Naryschkin, sagte seinen geplanten Besuch in Straßburg abgesagt. Die 18-köpfige Parlamentarierdelegation aus Moskau erschien allerdings zur Sitzung. Erwartungsgemäß stimmten die Russen gegen die Entschließung der Versammlung. Delegationsleiter Alexej Puschkow von der Regierungspartei Geeintes Russland wies die Vorwürfe gegen seine Regierung zurück und sagte: "Man hat in Moskau das Gefühl, je mehr wir tun, desto mehr Druck bekommen wir von dieser Versammlung."
Russland ist seit 16 Jahren Mitglied des Europarates. Die Versammlung hat keine legislativen Befugnisse, sie versteht sich aber als "demokratisches Gewissen" Europas.
fab/qu (dpa,afp)