Umgang mit Hasskriminalität erneut gerügt
28. Februar 2017Die Anti-Rassismus-Kommission des Europarats (ECRI) lässt nicht locker und erinnert die deutschen Behörden an ihre Empfehlungen von 2014: Schon damals hatte man Deutschland aufgefordert, alle Straftaten als "Hasskriminalität" zu bewerten, die Opfer oder Dritte als "rassistisch, fremdenfeindlich, homo- oder transphob" auffassen. Die Reduzierung auf Delikte, die sich gegen eine Person etwa wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Hautfarbe, Religion oder sexuellen Orientierung richteten, sei zu restriktiv.
Die ECRI bescheinigt Polizei und Gesetzgeber in Deutschland zwar erste Bemühungen in der Frage, bedauert jedoch keine vollständige Umsetzung. Es sei daher auch nicht überraschend, dass die offiziellen Statistiken ganz anders ausfielen, als zum Beispiel die von zivilgesellschaftlichen Gruppen, heißt es aus Straßburg.
Dauerstreit um 12. Zusatzprotokoll
Bemängelt wird in dem Bericht zudem, dass Berlin das 12. Zusatzprotokoll zur Menschenrechtskonvention immer noch nicht ratifiziert hat. Die deutsche Seite habe die Anti-Rassismus-Kommission darüber informiert, dass man bei der anlehnenden Position bleibe. Das Protokoll enthält ein allgemeines Diskriminierungsverbot, wonach niemand von einer öffentliche Stelle diskriminiert werden darf. Da dies auch ein Diskriminierungsverbot wegen der Herkunft umfasst, befürchtet die Bundesregierung Probleme für das deutsche Beamten-, Sozial-, Ausländer- und Asylrecht.
Ende Oktober 2016 hatte die schwarz-rote Koalition in Berlin verkündet, der Zunahme von Hassverbrechen entgegentreten zu wollen. 2015 habe die Hasskriminalität mit 10.373 Fällen den Höchstwert seit der Jahrtausendwende erreicht, dokumentierte sie in ihrem "Bericht zur Lebensqualität". Besonders besorgt zeigte sich die Regierung über einen Anstieg fremdenfeindlicher Straftaten um rund 116 Prozent.
Rassismus gegen Schwarze
Erst am Montag hatte sich die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für Menschen afrikanischer Abstammung besorgt über einen "strukturellen Rassismus" in Deutschland gezeigt. Obwohl das Grundgesetz Gleichberechtigung verspreche, sei diese nicht umgesetzt, beklagte Kommissionschef Ricardo Sunga in Berlin. Menschen mit afrikanischer Abstammung würden in Schulen, am Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit mit Rassismus oder negativen Stereotypen konfrontiert.
SC/myk (dpa, afp, ECRI)