Euro-Skepsis in Österreich
14. November 2001Marie, Heu, Knedel, Schotter: Für den Schilling gibt es viele Synonyme und doch, der Abschied fällt den Österreichern schwer. Seit 1925 haben Schilling und Groschen schließlich die Geldbörse gefüllt, abgesehen von einem siebenjährigen Intermezzo der Reichsmark nach dem Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland. Dieses dunkle Kapitel der Geschichte wird aber gerne verdrängt. Der Schilling ist einfach gute alte Tradition und je näher die Umstellung auf den Euro rückt, desto größer wird die Skepsis:
"Mir ist der Schilling lieber, wenn wir ihn hätten."
"Ich bin eigentlich nicht dafür."
"Ich mag ihn nicht."
"Es wäre unvernünftig eine Europäische Union zu machen ohne einheitliche Währung."
"Es ist mir eigentlich egal, welche Währung ich verwende."
"Ich werde den Euro genauso verwenden wie den Schilling."
"Im Moment nicht viel, weil sich da zurechtfinden, muss ich sagen, ist ein bißchen schwierig."
52 Prozent der Menschen hier fürchten, dass Österreich ein Stück seiner Identität verlieren wird, wenn der Schilling einmal Vergangenheit ist. Und waren es vor einem Jahr noch 60 Prozent der Befragten, die die Einführung des Euro befürworteten, sind es jetzt nur noch 48 Prozent. Besondere Sorgen macht man sich wegen des Wertverlustes gegenüber dem Dollar und außerdem fürchtet man auch versteckte Preiserhöhungen durch die anstehenden Aufrundungen. Angesichts der wachsenden Schilling-Nostalgie versucht die Regierung, die Menschen zu beruhigen. Finanzminister Karl-Heinz Grasser verspricht: "Diese Währungsumstellung wird weder im öffentlichen noch im privaten Bereich zu Preis-, Tarif- oder Steuererhöhungen führen."
Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel appelliert an die Mitbürger: Sie sollten doch nicht vergessen, dass sie am Ende sogar mehr im Geldbeutel haben werden: "Ich glaube, dass auch wirtschaftlich für uns die europäische Währung einen große Vorteil bringt, weil sie sparsamere Transaktionskosten bedeutet, die einen großen Vorteil für den Export und das Tourismusland Österreich darstellen. Damit können auch mehr Wettbewerb sowie mittel- und längerfristig Preisvorteile erzeugt werden."
Gerade in der Tourismusbranche aber macht man sich offensichtlich überhaupt keine Sorgen. Die beliebten Reiseziele im Westen an der Grenze zu Deutschland sind es ohnehin gewöhnt, dass die "Piefke" - wie die Deutschen in Österreich abschätzig genannt werden - mitten in Österreich mit D-Mark bezahlen wollen. Da kommt der Euro eigentlich wie gerufen.