Euro-Gruppe billigt Rettungspaket
12. April 2013Verwirrung und Unsicherheit waren die beiden Begriffe, die nach der Sitzung der 17 Finanzminister der Euro-Zone im Dubliner Schloss immer wieder fielen. Wie viel Geld braucht das angeschlagene Euro-Land Zypern wirklich, um seine Banken zu retten und den Staat zahlungsfähig zu halten?
Ursprünglich war ein Bedarf von 17 Milliarden Euro veranschlagt worden. Vor dem Treffen der Finanzminister in Irland hieß es dann plötzlich, es seien 23 Milliarden Euro nötig. EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn versuchte aufzuklären: "Die Menschen vergleichen Äpfel mit Birnen und heraus kommen Orangen." Die 23 Milliarden Euro kämen dadurch zustande, dass seine Beamten schon den geschätzten kurzfristigen Finanzbedarf hochgerechnet hätten. "Die Verwirrung rührt daher, dass völlig unterschiedliche Daten verglichen werden. Eine Zahl ist netto, die andere brutto. Die eine Zahl ist einige Monate alt, die andere Zahl berücksichtigt auch aktuelle Auswirkungen der Rettungsmaßnahmen und neue Wachstumsprognosen."
Euro-Zone will Zypern neun Milliarden leihen
Zur Verwirrung trägt bei, dass auch zyprische Regierungsvertreter in Dublin nicht so genau wussten, welche Zahl denn nun die entscheidende ist. Sicher sei aber eines, sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble klipp und klar: Die Höhe der Hilfen, die Zypern von den übrigen EU-Staaten und dem Internationalen Währungsfonds zu erwarten hat, bleibt bei insgesamt zehn Milliarden Euro. Das bestätigte der Vorsitzende der Euro-Gruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem. Die Finanzminister hätten die Zypern-Hilfe unverändert beschlossen. "Wir haben entschieden, dass jetzt alles soweit fertig ist, dass wir die notwendigen Abstimmungen in einigen Parlamenten einleiten können. Das ist nötig für die förmliche Zustimmung zu den Krediten aus dem Rettungsfonds ESM", erläuterte Dijsselbloem.
In der kommenden Woche soll das deutsche Parlament, der Bundestag, dem Rettungspaket zustimmen. Im Mai könnte das erste Geld ausgezahlt werden. Die Europäer leihen Zypern neun Milliarden Euro, vom Internationalen Währungsfonds in Washington D. C. kommt eine Milliarde.
Anleger verlieren Vermögen, Steuern werden erhöht
Der zyprische Finanzminister Charis Georgiades begrüßte in Dublin den Beschluss der Euro-Gruppe. Genaue Zahlen, wie hoch der Finanzbedarf Zyperns nun tatsächlich ist, nannte Georgiades nicht. Er sagte nur, Zypern müsse jetzt den Preis dafür bezahlen, dass es über seine Verhältnisse gelebt habe. Georgiades sagte zu, dass Steuern auf der Mittelmeerinsel erhöht und Gehälter gesenkt werden, um die nötigen Einsparungen zu erzielen. Anleger der Laiki-Bank und der Bank of Cyprus, die mehr als 100.000 Euro auf ihren Konten haben, müssen im schlimmsten Fall insgesamt bis zu zehn Milliarden Euro aufbringen. Wie viel Geld die Anleger - darunter nicht nur vermögende Russen, sondern auch zyprische Unternehmen - verlieren werden, ist noch unklar. Insgesamt könnten bis zu 60 Prozent der Einlagen für die Rettung der Banken herangezogen werden.
Starke Rezession auf Zypern erwartet
EU-Wirtschafts- und Währungkommissar Olli Rehn sagte bei der Tagung der Euro-Zone in Dublin, es sei auch noch unsicher, wie stark die Wirtschaft auf Zypern nach der Restrukturierung der Banken und Erhöhung der Steuern einbrechen werde. "Ich streite gar nicht ab, dass es gegenwärtig große Unsicherheit gibt, über die genauen Zahlen. Es ist sehr schwierig zu sagen, ob die Wirtschaft um zehn, zwölf oder 15 Prozent schrumpfen wird. Wir versuchen nach bestem Wissen, eine Vorhersage zu treffen", so Olli Rehn.
Dem zyprischen Präsidenten Nikos Anastasiades hatte Rehn zuvor zugesagt, dass Zypern aus dem allgemeinen EU-Haushalt weitere Hilfen bekommen könnte. Präsident Anastasiades habe aber nicht um mehr Kredite gebeten, wie das zunächst berichtet worden war, betonte ein zyprischer Regierungssprecher. Die Europäische Bankenaufsicht EBA teilte unterdessen in Frankfurt am Main mit, die Ansteckungsgefahren für die internationalen Finanzmärkte und das europäische Bankensystem durch die Abwicklung von maroden Banken auf Zypern seien begerenzt. Dafür sei das Land mit seinen 800.000 Einwohnern zu klein. Für die Menschen auf der Mittelmeerinseln selbst seien die Auswirkungen allerdings drastisch.
Sparen verschärft die Krise
Zypern muss sich der bislang härtesten Schocktherapie unterziehen. Aber auch in anderen südeuropäischen Ländern, wie Griechenland, Spanien oder Portugal, haben die Spar- und Rettungsmaßnahmen die wirtschaftliche Krise eher verstärkt. Das glaubt der Ökonom Guntram Wolff von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel. "Wir sehen inzwischen, dass die Wirkung der Sparmaßnahmen wenigstens kurzfristig so massiv negativ ist, dass der öffentliche Unmut massiv ansteigt und eine wirtschaftliche Situation eintritt, die weder sozial noch ökonomisch tragfähig ist. Insofern ist da sicherlich ein Umdenken auf europäischer Ebene angesagt", sagte Wolff der Deutschen Welle. Der Wirtschaftsfachmann empfiehlt den Finanzministern der Europäischen Union, mehr für die Belebung der Konjunktur zu tun und Rettungsprogramme zu strecken.
Erleichterungen für Irland und Portugal geplant
Irland und Portugal, die bislang alle Auflagen der Kreditgeber erfüllt haben, sollen von der Euro-Gruppe belohnt werden. Die Rückzahlung der Kredite soll um mehrere Jahre gestreckt werden, um die Staatshaushalte zu entlasten. Portugal muss zuvor allerdings noch neue Einsparungen beschließen, da das portugiesische Verfassungsgericht bereits beschlossene Gehaltskürzungen für Beamte verworfen hat. Wenn die Voraussetzungen erfüllt seien, könnten die Kredite "innerhalb weniger Tage" gestreckt werden, sagte der Chef der Rettungsfonds, Klaus Regling. Ob auch die Auflagen für Spanien, das besonders unter hoher Arbeitslosigkeit leidet, gelockert werden können, ist noch nicht entschieden. Das teilte der Chef der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem in Dublin mit. Über die finanziell angespannte Situation im Euroland Slowenien und die anhaltende Regierungskrise im drittgrößten Euroland Italien habe man gar nicht gesprochen, so Dijsselbloem.