1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

UEFA verbietet Regenbogen-Arena

23. Juni 2021

Die Stadionbeleuchtung wird zum Politikum: Beim EM-Spiel zwischen dem DFB-Team und Ungarn sollte die Münchner Arena in Regenbogenfarben erstrahlen. Das Verbot der UEFA stieß auf Protest, der Streit schaukelt sich hoch.

https://p.dw.com/p/3vJat
München Allianz Arena in Regenbogenfarben Montage
So schön hätte es aussehen können - doch die UEFA möchte kein EM-Stadion in RegenbogenfarbenBild: Sven Simon/imago images

Es hätte ein weithin sichtbares Zeichen für Toleranz und Gleichstellung sein sollen. Doch wird das EM-Stadion in München beim Gruppenfinale zwischen Deutschland und Ungarn an diesem Mittwoch nicht wie geplant in Regenbogenfarben erstrahlen. Die Europäische Fußball-Union (UEFA) hat den entsprechenden Antrag des Münchner Oberbürgermeisters Dieter Reiter abgelehnt.

Die UEFA sei "aufgrund ihrer Statuten eine politisch und religiös neutrale Organisation. Angesichts des politischen Kontextes dieser speziellen Anfrage - eine Botschaft, die auf eine Entscheidung des ungarischen Parlaments abzielt - muss die UEFA diese Anfrage ablehnen", teilte der Dachverband in seiner Begründung mit. 

Die Arena wird daher am Mittwochabend wie vorgesehen in den Farben der UEFA und der teilnehmenden Nationen leuchten. Die Stadt München könne das Stadion aber, so schlug der Fußballverband vor, entweder am 28. Juni - dem Christopher Street Liberation Day - oder zwischen dem 3. und 9. Juli, der Christopher-Street-Day-Woche in München, mit den Regenbogenfarben beleuchten.

Bundestrainer hätte Beleuchtung "begrüßt"

"Lächerlich" nannte Oberbürgermeister Reiter diesen Vorschlag. "Ich finde es beschämend, dass die UEFA uns hier in München verbietet, ein Zeichen für Weltoffenheit, für Toleranz, für Respekt und für Solidarität zu den vielen Menschen der LGBTQ-Community abzugeben", sagte Reiter. Er empfinde es zudem als "sehr enttäuschend, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) "sich nicht in der Lage sah oder sich nicht in der Lage sehen wollte, hier dieses Ergebnis zu beeinflussen". DFB-Interimspräsident Rainer Koch verteidigte das UEFA-Verbot. Der europäische Verband habe nicht anders handeln können, da es sich "nicht mehr um ein bloßes Statement im gemeinsamen Kampf gegen jede Form von Diskriminierung, sondern um eine politische Aktion gehandelt" habe, schrieb Koch auf Facebook.

Die Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Dagmar Freitag, reagierte enttäuscht auf die Entscheidung der UEFA. "Die Stadt München hat wirklich eine große Chance geboten, gegen Diskriminierung zu kämpfen, ein herausragendes Zeichen für Toleranz und Vielfalt zu setzen", sagte die SPD-Politikerin der DW am Dienstag. Der Beschluss zeige, dass die UEFA nicht wirklich den Ehrgeiz habe, sich für Gleichberechtigung einzusetzen, sie behaupte es nur.

Die UEFA reagierte einen Tag später auf die breite Kritik und änderte das Aussehen ihres Twitter-Accounts. Zudem veröffentlichte sie eine Erklärung, dass die Entscheidung gegen ein buntes Stadion in München nicht bedeute, dass man die Regenbogenflagge und die damit verbundenen Werte ablehne.

Regenbogenfarben in anderen Stadien

Weil München der Wunsch versagt bleibt, wollen stattdessen nun andere deutsche Stadionbetreiber ein Zeichen setzen. Während die Partie in der Münchner Arena läuft, sollen die Fußball-Arenen in Frankfurt am Main und Köln bunt erstrahlen. "Wenn München am Mittwoch nicht darf, dann müssen eben die anderen Stadien im Land Farbe bekennen. Auf jetzt, Kollegen in der Liga", twitterte Eintracht Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann in der Nacht zum Dienstag.

Der Klub-Boss vermeldete, dass das Frankfurter Stadion zum Spiel gegen Ungarn den Regenbogen anschalte. "Das Waldstadion bleibt bunt." Ähnliches ist für das Kölner Bundesliga-Stadion geplant, wie ein Sprecher der Kölner Sportstätten dem Westdeutschen Rundfunk bestätigte. Auch die beiden Berliner Bundesliga-Stadien sowie die Arena in Augsburg sollen bunt illuminiert werden.

Ungarische Stadien in Nationalfarben

Am Mittwoch kam die Reaktion aus Ungarn: Mehrere ungarische Vereine kündigten an ihre Stadien während des Spiels in München in den ungarischen Nationalfarben zu beleuchten. Gabor Kubatov, Präsident von Ungarns größtem Klub Ferencvaros Budapest, rief die Vereine zu dieser Aktion über Facebook auf. "Lasst uns alle Stadien rot-weiß-grün färben! Heimat vor allem!", schrieb er. Kubatov ist gleichzeitig Vizepräsident der regierenden Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban. 

Die ungarische Licht-Initiative geht laut Kubatov auf eine Ultra-Gruppe von Ferencvaros zurück, die sich über die "provokativen Nachrichten" im Rahmen der Regenbogen-Beleuchtung in München beschwerte. Bisher schlossen sich unter anderem MTK Budapest und DVSC aus Debrecen an, deren Management ebenfalls mit Fidesz-Politikern in Verbindung steht.

Löw: "Werte müssen gelebt werden"

Zuletzt hatte auch das Tragen einer regenbogenfarbenen Kapitänsbinde durch Manuel Neuer für Aufsehen und eine Untersuchung durch die UEFA geführt, die allerdings folgenlos blieb. Bundestrainer Joachim Löw bestätigte am Dienstagabend, dass Neuer die Binde auch im dritten Gruppenspiel gegen Ungarn tragen werde, da die UEFA dies gestatte. "Grundsätzlich hätte ich mich persönlich sehr gefreut, wenn man das Stadion in diesen Farben beleuchtet hätte, wenn die Lichter angegangen wären", sagte Löw zum nicht-sportlichen Thema des Tages.

Gleichzeitig machte der Bundestrainer aber klar, dass es für ihn "bei aller Wichtigkeit von Symbolen" noch wichtiger sei, dass die durch die Regenbogenflagge dargestellten Werte von Vielfalt, freier sexueller Orientierung und Menschenwürde "gelebt werden". Dies sei in der Nationalmannschaft der Fall, so Löw. "Eine Arena in den Farben hätte große Strahlkraft gehabt", sagte Verteidiger Mats Hummels in der ARD. "Ich weiß nicht, ob wir morgen noch was machen, aber der Fußball ist in den letzten Jahren auf einem guten Weg. Da geht sicher noch mehr, aber die Richtung stimmt."

Einschränkungen per Gesetz in Ungarn

TABLEAU |  Ungarn Budapest LGBTQ Protest
Das umstrittene Gesetz hatte n Ungarn für Proteste gesorgtBild: MARTON MONUS/REUTERS

Hintergrund des Protestes ist ein Gesetz, das am vergangenen Dienstag vom ungarischen Parlament gebilligt wurde. Es schränkt die Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität ein. Das Gesetz gilt als besonderes Anliegen von Ministerpräsident Viktor Orban, der seinen Besuch beim Spiel in München kurzfristig absagte. Entsprechend laut war die Forderung nach einem klaren Zeichen bei der Fußball-EM in Deutschland geworden. Münchens Oberbürgermeister Reiter hatte sich in einem Schreiben an die UEFA und den Deutschen Fußball-Bund (DFB) für eine Ausnahmegenehmigung stark gemacht, um "ein weithin sichtbares Signal für unser gemeinsames Werteverständnis" zu senden.

In Ungarn war dieser Vorstoß nicht gut angekommen. "Für die linke Münchner Stadtführung haben wir wiederum die Botschaft: Die Politik hat auf dem Fußballplatz nichts zu suchen. Weder in brauner noch in roter noch in regenbogenfarbener Verpackung", schrieb die regierungsnahe Budapester Tageszeitung "Magyar Nemzet" am Dienstag.

Der französische Staatssekretär für europäische Angelegenheiten, Clement Beaune, bedauert die Weigerung der UEFA. "Ich denke, es wäre ein sehr starkes Symbol gewesen", sagte er der Nachrichtenagentur AFP in Luxemburg, "wir sind jenseits einer politischen Botschaft, es ist eine Botschaft tiefer Werte." Beaune unterstrich "die sehr starke französische Besorgnis" über das kürzlich in Ungarn verabschiedete Gesetz.

Dieser Artikel wurde am 23.06.2021 aktualisiert.