Gosens Kämpferherz verleiht der DFB-Elf Flügel
19. Juni 2021"Robin Gosens, Robin Gosens, Robin Gosens" - die Zuschauer im Münchener Stadion feierten den 26-Jährigen bei seiner Auswechslung in der 62. Minute des EM-Spiels der Gruppe F unüberhörbar. Gosens, der mit einer bärenstarken Leistung einen großen Anteil am deutlichen 4:2 (2:1)-Sieg der DFB-Elf gegen Portugal hatte, reckte die Faust in den Himmel und war sichtlich gerührt von der Jubel-Arie, die über ihn hereinbrach "Nicht nur die drei Punkte, sondern auch die Art und Weise waren klasse. Robin Gosens hat ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht, für ihn ist ein Traum in Erfüllung gegangen", lobte Weltmeister Bastian Schweinsteiger in der ARD. Auch Gosens selbst war zufrieden und freute sich über den Erfolg: "Es war ein Spiel, das wir unbedingt gewinnen mussten. Wir haben uns heute auch mal offensiv belohnt, für das, was wir reingehauen haben", so der Torschütze zum zwischenzeitlichen 4:1.
Gosens: "Ich weiß, was ich kann"
Aggressiv im Zweikampf, immer mit vollem Einsatz dabei und ein echter Antreiber für das eigene Team. "Es gehört dazu, mal dreckig zu sein, die Sense auszupacken oder ein Foul zu begehen", hatte er kürzlich über seinen Spielstil gesagt. Der Außenspieler ist einer, der den Unterschied machen kann. Obwohl Gosens erst seit knapp einem Jahr in der DFB-Elf spielt, gehört er spätestens seit der Vorbereitung im österreichischen Seefeld zu den festen Größen in Joachim Löws Mannschaft.
Auch gegen Portugal war er der Chef auf seiner linken Seite. Gosens war immer anspielbar und mittendrin, wenn es mal hitzig wurde. Da ist es auch egal, wenn Superstar Cristiano Ronaldo auf ihn zugestürmt kommt. Mit einer gut getimten Grätsche trennt er auch den mehrfachen Weltfußballer fair vom Ball. "Bei mir schreien die Leute im Stadion vielleicht nicht ,Wow!'. Aber mich zeichnet Folgendes aus: Ich weiß, was ich kann, und mache nichts, was ich nicht kann. Es gibt viele Profis, die das nicht verinnerlicht haben und so geht vieles in die Hose", so Gosens.
Havertz glänzt in der Offensive
Der Außenspieler, der schon im ersten Spiel gegen Frankreich zu den besseren Akteuren auf dem Platz gehörte, war nicht nur in der Defensive einer sichere Bank. An nahezu alle gefährlichen Angriffen sowie drei Toren war Gosens direkt beteiligt. "Unwirklich fühlt es sich an. Schöner kann es nicht sein. Mehr kannst Du Dir nicht wünschen", sagte er überglücklich nach dem Spiel und ergänzte: "Ich glaube, dafür hat mich der Trainer aufgestellt, dass ich meine Offensivkraft einbringe. Die Jungs haben mich gesucht, da bin ich natürlich sehr happy drüber." Besonders das Zusammenspiel mit Kai Havertz funktionierte sehr gut. Havertz, der im ersten EM-Spiel hinter allen Erwartungen zurück geblieben war, glänzte beim überzeugenden Auftritt der DFB-Elf. Auch weil er immer wieder gut von Gosens in Szene gesetzt wurde.
Der 26 Jahre alte Gosens wird immer mehr zu einem echten Glücksfall für die Nationalmannschaft. Dabei hätte es mit seiner Karriere im DFB-Trikot beinahe gar nicht geklappt. "Meine Mama stand nur wortlos da, mein Papa fasste sich an den Kopf. Vor nicht mal 48 Stunden hatten wir noch gemütlich im Restaurant bei Aperol und Pasta zusammengesessen, und dann durfte ich mir offenbar plötzlich aussuchen, ob ich deutscher oder niederländischer Nationalspieler werden wollte", beschreibt Gosens in seinem Buch "Träumen lohnt sich - Mein etwas anderer Weg zum Fußballprofi" die Szene, die seiner Fußball-Karriere noch einmal eine andere Richtung gegeben hat. Bundestrainer Löw hatte dem Abwehrspieler damals eine Nachricht aufs Handy geschickt und darin um einen Terminvorschlag für ein Telefonat gebeten.
Nur wenige Monate später steht Robin Gosens im Nationalmannschaftstrikot im Münchener Stadion und lässt sich von den angereisten Fans feiern. Standing Ovations und "Oh wie ist das schön"-Sprechchöre begleiteten die DFB-Elf bei ihrer Ehrenrunde. Deutschland hat durch den Sieg gegen Portugal nun alle Möglichkeiten ins Achtelfinale einzuziehen. Und wenn Gosens und die anderen Nationalspieler an diese Leistung anknüpfen, könnte es noch weit gehen beim Abschiedsturnier von Joachim Löw.