Eulen in Athen: Die 14. Documenta eröffnet in der Hauptstadt der Krise
Wissen über Bord werfen, die Festplatte frei schaufeln: Die documenta 14 in Athen will dem Besucher einen neuen Blick auf die Krisen der Welt ermöglichen.
Die Weisheit aus der Stadt holen
Das Sprichwort "Eulen nach Athen tragen" bezeichnet eigentlich eine unsinnige Tätigkeit. Schließlich sind die Eulen kluge Tiere und können selber fliegen. Oder sie sind schlicht schon da, und die Weisheit muss nur erlernt werden. Genau das ist die Devise von Adam Szymczyk, dem künstlerischen Leiter der documenta 14.
Kunst in der Krise
Das Nationale Museum für Zeitgenössische Kunst (EMST) sammelt griechische und internationale Kunst aus der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart. 2014 zog es in sein dauerhaftes Zuhause in der ehemaligen Fix-Brauerei in der Syngrou-Straße ein, wurde aber aus Kostengründen nie komplett genutzt. Erstmals gibt es während der d14 Kunst auf allen Etagen zu sehen.
Keine Olympiade der Kunst
Wer alle 44 Ausstellungsorte der documenta sehen will, ist lange unterwegs. Er lernt aber viel über Athen: Das edle Shopping-Viertel Kolonaki, das "Kreuzberg" Athens: das hippe Exarcheia, oder das ehemalige Arbeiterviertel, wo auch Maria Eichhorn ein Projekt realisiert. Je nach Gegend macht sich die Krise mehr oder weniger bemerkbar.
Odeison Athinion
Unter diesem Namen ist das Athener Konservatorium bekannt. Es ist das einzige Gebäude, das im Rahmen eines Städtebauplans 1959 realisiert wurde. Es dient jetzt als Heimat der Musikhochschule. Während der documenta 14 ist es eines der Hauptausstellungsorte.
Kunsthochschule
Die ASFA, die auf die 1836 gegründete Königliche Kunsthochschule zurückgeht, residiert seit 1992 mit den Bereichen Bildende Kunst, Kunsttheorie und Kunstgeschichte in der ehemaligen Textilfabrik der Sikiarides-Familie. Die ASFA ist nicht nur eine der vier Hauptausstellungshallen, sondern auch ein Ort, an dem die Vermittlungsangebote stattfinden.
Alles hat einen Wert
Kunst aus Abfallresten: Daniel Knorr sammelte Bierdosen, Plüschtiere, alte Pässe. Vieles von dem, was er während seiner vierwöchigen Streifzüge durch Athens Straßen gefunden hat, verwendet er für sein Kunstwerk. 1000 Bücher entstehen, in die er den Müll von Athen hineinpresst.
Tischkonzert
Die Berliner Künstlerin Nevin Aladag baut Instrumente aus Möbeln und gestaltete daraus einen "Music Room", ein Musikzimmer, das anknüpft an vergessene Traditionen des gemeinsamen Musizierens. Während der documenta werden die Möbel, die sie auf Athener Flohmärkten fand, zum Klingen gebracht.
Mini-Haus
Nur eine Treppe ohne Geländer, ein Podest und ein Bett stehen im Innenhof des Benaki-Museums. Gegossen wurde es aus Beton. Gemütlichkeit sieht anders aus. Das "One-Room-Apartment" erinnert eher an eine Freiluft-Zelle als an ein Zuhause. Das hat der im Irak aufgewachsene Kurde Hiwa K schon lange verlassen. Er lebt als Musiker und Künstler in Berlin.
Nützliche Tiere
Die Australierin Bonita Ely erfindet in ihrer Installation "Plastikus Progressus" lustige Geschöpfe. Ihre Körper bestehen aus Staubsaugern oder Computermäusen. Der "Garbograff" beispielsweise ist eine Adaption an die zunehmende Luftverschmutzung- Seine Form ähnelt entfernt der einer Giraffe. Vorteil: Der Garbograff ist in der Lage die Nasenlöcher zu verschließen und Plastikobjekte zu fressen.
Bequemes Stehen, umbequeme Frage
Irena Haiduk stammt aus Serbien. Sie ist die Gründerin der Kunstfirma Yugoexport. Während der d14 staffiert sie 1000 Frauen auf der documenta mit ergonomischen Schuhen aus. Außerdem ist sie mit einer Soundinstallation vertreten, in der es um gewaltfreien Widerstand geht. Zugrunde liegt ein Gespräch mit Srdja Popovic, der half den Jugoslawienkrieg zu beenden.
Athen Biennale 2017
Neben der documenta findet in diesem Jahr auch die 6. Athen Biennale statt - in einem seit langem leer stehenden Luxushotel. Im ersten Stock gibt es einen Ort für Aktionen. Die Biennale ist Opfer der Krise. Kunstwerke gibt es keine zu sehen. Stattdessen Plakate: Ist die Kunst mit dem Finanzmarkt verheiratet? Ein klares Statement auch gegen die documenta mit ihrem gut ausgestatteten Finanzpolster.