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Politik

EuGH: Ungarn "inhaftiert" Asylbewerber

14. Mai 2020

Die Bedingungen in dem Lager Röszke an der ungarisch-serbischen Grenze seien "einer Freiheitsentziehung gleichzusetzen", entschied der Europäische Gerichtshof. Hintergrund sind die Klagen von vier Asylbewerbern.

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Ungarn Transitzone
Ein ungarischer Polizist auf Patrouille in einem Internierungslager an der serbisch-ungarischen GrenzeBild: picture-alliance/AP Photo/S. Ujvari

Die Unterbringung von Asylbewerbern im ungarischen Container-Lager Röszke ohne Einzelfallprüfung verstößt nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen EU-Recht. Die Bedingungen in dem Lager glichen einer Inhaftierung, befanden die Luxemburger Richter.

Hintergrund ist der Fall von vier Asylbewerbern aus dem Iran und aus Afghanistan, die über die Türkei, Bulgarien und Serbien nach Ungarn gekommen waren. Die ungarischen Behörden wiesen ihre Asylanträge mit der Begründung ab, die Menschen seien über ein Land - den Nicht-EU-Staat Serbien - eingereist, in dem ihnen weder Verfolgung noch ernsthafter Schaden drohten. Zudem sei in den Ländern, über die sie nach Ungarn gekommen seien, ein angemessenes Schutzniveau gegeben. Klagen gegen diese Entscheidung wies das zuständige ungarische Gericht ohne Prüfung ab.

Serbien nimmt Asylbewerber nicht zurück

Serbien lehnte es jedoch ab, die Menschen zurückzunehmen, woraufhin Ungarn das Zielland der Rückführung in Iran beziehungsweise Afghanistan änderte. Zudem wurde den Betroffenen ein Bereich in der Transitzone Röszke als Aufenthaltsort zugewiesen. Ungarn verfolgt unter dem rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban seit Jahren eine Politik der Abschottung und Abschreckung von
Flüchtlingen und Migranten.

Grenze Serbien - Ungarn | Grenzübergang Roszke & Horgos | nach Durchbruchsversuch
Am serbisch-ungarischen Grenzübergang Röszke haben die ungarischen Behörden Transitlager aufgebautBild: picture-alliance/AP Photo/MTI/Z. Gergely Kelemen

Seit mehreren Jahren hält das Land Asylbewerber in zwei Container-Lagern unmittelbar an der Grenze zu Serbien fest. Die Gebiete sind mit hohem Zaun und Stacheldraht umgeben. Die vier Asylbewerber durften ihren Sektor nur in Ausnahmen und in polizeilicher Begleitung verlassen. Besuch war nur nach vorheriger Genehmigung in einem gesonderten Container erlaubt. Ungarn argumentiert stets, die Menschen hielten sich "freiwillig" dort auf, weil sie die Lager in Richtung Serbien verlassen könnten.

Gegen Transitlager läuft weiteres Verfahren

Wer jedoch nach Serbien zurückkehrt, verliert in Ungarn automatisch seinen Status als Asylbewerber. Die Luxemburger Richter argumentierten nun, dies sei Freiheitsentzug. Die serbischen Behörden sähen es als rechtswidrig an, wenn die Menschen ins Land kämen, und sie müssten deshalb mit Sanktionen rechnen. Zudem verlören die Menschen dadurch die Aussicht auf Anerkennung als Asylbewerber in Ungarn. Der EuGH betonte, dass Asylbewerber nur dann inhaftiert werden dürften, wenn vorher eine Anordnung getroffen worden sei, in der Gründe dafür genannt wurden. 

Wegen der ungarischen Transitlager läuft noch ein weiteres Verfahren vor dem EuGH. Die EU-Kommission verklagte das Land bereits 2018 im vorerst letzten Schritt eines Vertragsverletzungsverfahrens, weil die Lager nach Ansicht der EU-Behörde gegen EU-Recht verstoßen.

nob/gri (kna, epd, dpa, afp)